Januar-Heft

... Programm und Aufgabe

Zum Auftakt des Jubiläumsjahres versuchte Karl Meier / Rolf im Januarheft einen Überblick über das Programm und die Aufgaben der Zeitschrift und des Klubs zu geben. Dies unter dem schwierigen Aspekt, den Lesern möglichst nahe zu sein auch wenn Hintergrund, Umfeld, Bildung und Interessen jedes einzelnen der fast 2000 Abonnenten aus drei verschiedensprachigen Kulturen extrem unterschiedlich waren1:

"[...] Man steht jedes Mal wieder vor der gleichen und doch immer wieder neuen Aufgabe: den Bogen zu suchen, der die einfachen und anspruchsvollen Leser umspannen kann. [...]

Die gute Kurzgeschichte. [...] Es bleibt eine dringliche Aufgabe für den Autor homoerotischer Novellen, den seelisch-geistigen Beziehungen einen grösseren Raum zu gewähren, das homoerotische Liebeserlebnis in einen stärkeren, dichteren Bezug zur Umwelt zu stellen und es damit aus der ichbezogenen Isoliertheit zu lösen, ohne dadurch die realen Dinge zu sehr zu überhöhen oder gar zu verfälschen.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung. [...] Unser Eros wurde schon zu oft einfach zerredet anstatt durchdacht. Nach seinem Sinn zu fragen und ihn zu suchen, auch nach seiner Aufgabe zu forschen, die er im Schöpfungsplan sicher haben wird, bleibt wesentlich. [...] Erkenntnisse bleiben geistiger Besitz, und wie mancher von uns hätte schon gerne bei einer Diskussion unter Aussenstehenden eingegriffen - aber es fehlte ihm das gültige Rüstzeug. [...]

Das Gedicht. [...] Nicht nur Dutzende, sondern Hunderte von Gedichten kommen auf unseren Schreibtisch, einige ausgezeichnete, mehr mittelmässige und - viele andere. Als Massstab muss hier entscheidend bleiben, dass der Lesende fühlt und erkennt, dass hier die Worte dicht, also auch dichterisch, geworden sind, das heisst, dass sie gar keine andere Form mehr zulassen. [...]

Die Bilder. [...] Die Forderung, die wir hier uns stellen, kann immer nur heissen: dem Schönen dienen, so, wie wir es erkennen, in den tausendfachen Erscheinungen des männlichen Körpers, sei es im Athleten, sei es im Epheben, sei es in einem Antlitz oder nur in einem Torso. [...]

Die langsam und stetig grösser werdende Kameradschaft, die sich um den KREIS schart, ist auch zu Beginn dieses Jubiläumsjahrgangs unsere Freude und unser Stolz. Unser Klub, der dem Erscheinen der Zeitschrift sein Leben verdankt und ohne sie in dieser Form nicht denkbar wäre, stärkt an den Mittwochabenden dies Gefühl der Zusammengehörigkeit unserer Abonnenten. An den grossen Festen nehmen in steigender Zahl unsere Abonnenten aus der ganzen Welt teil. Mögen alle, die durch die Seiten der Zeitschrift und den Klub Trost, Freundschaft und Hilfe gefunden haben, dem Kreis auch in seinem zweiten Vierteljahrhundert die Treue halten - dies ist der Wunsch und die Bitte, die wir zu Beginn dieses Jubiläumsjahrgangs an unsere Abonnenten richten."

Nach oben

Ernst Ostertag, Juni 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 1/1957, Seite 1 bis 3