1982-2008

CSDs nach 1981

Geschichte der CSD-Veranstaltungen nach 1981 und die welschen Pride-Aktionstage

1982 fand der CSD in Zürich als "Eidgenössische Schwule Landsgemeinde 1982" statt. An der Demo gab es nur knapp 300, am abendlichen Fest 600 Personen. Tanzen war den Leuten offenbar wichtiger als obligates Politschwester-Markieren. Der Frust bei den Organisatoren sass tief. Man suchte Sündenböcke. Es ging nicht um jene, die lieber tanzten, die gab es immer. Es ging um die verbissen gesellschaftsrevolutionär Ideologisierten, die im Endlosdebattieren den einzigen Weg zur Schwulenbefreiung sahen. Das hatte sich totgelaufen und viele pragmatische Taktiker mit durchsetzbaren Ideen zum Rückzug bewogen.

Jürg Wehrli schloss seine Philippika im hey vom September 1982:1

"Dieselbe alte müde Leier von der bösen Gesellschaft, der dummen Umwelt, der schlimmen Familie, die einen zum 'Zwangsheterosexuellen' erzieht. Diese Sprache beinhaltet eine Sicht, die [...] die Schuld auf alle verteilt, ausser auf sich selbst. [...]

Veränderung und Verbesserung braucht Arbeit - unsere Arbeit; daran führt kein Weg vorbei. Analysiert und kritisiert ist sehr schnell, demontiert auch. Wir zählen nach wie vor auf jene, die den Backstein in der Hand zum Bauen und nicht zum Rumschmeissen verwenden wollen."

1983 gab es trotz Uneinigkeit der organisierenden Gruppierungen wieder einen CSD. Er fand in Luzern statt und dank der dortigen HALU (Homosexuelle Arbeitsgruppen Luzern) war er gut besucht und erfolgreich.

1984-1989: Die rasch akut werdende Aids-Krise band viele Kräfte in diesen neuen Kampf gegen Ausgrenzung und für eine wirksame Prävention in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden. Laufend starben nächste Freunde und Mitkämpfer. Trauer und Verunsicherung lähmten viele, andere zogen sich verängstigt in ihre vier Wände zurück. Trotzdem gab es weiterhin jedes Jahr einen CSD bis zum letzten vom 24. Juni 1989 in Zürich. Dann war fünf Jahre lang Pause.

1994 entschloss sich ein extra dafür gegründeter Verein "25 Jahre Stonewall" zur Wiederaufnahme und organisierte in Zürich ein vom 23. Mai bis 23. Juli dauerndes Programm mit Filmfestival in den Kinos Xenix und Studio 4 (u.a. eine Retrospektive mit Werken des im Februar an Aids verstorbenen Derek Jarman), mit Theater, Vorträgen, Diskussionen, Lesungen, vielen Parties und den ersten "Stattreisen" (Stadtrundgang zur Rosa Geschichte mit Denis Martin). Alles war angekündigt in einer 44-seitigen Programmzeitung 25 Jahre Stonewall.

Den Höhepunkt bildete der eigentliche CSD vom 25. Juni. Dieses vielseitige schwul-lesbische Kulturprogramm stand sechs Jahre später Modell für den ersten "Warmen Mai", der 2000 als kulturelle Seite der EuroGames in Zürich den grossen Sportanlass begleitete. Zu den Anlässen rund um den CSD 1994 brachte die Zeitschrift aK (anderschume/Kontiki) mehrere Artikel, unter anderem in Nr. 2/94, S. 43 den Bericht von Remo Peter über die "Stattreisen" und in Nr. 4/94, S. 4-6 die CSD-Reportage von Adrian Ramsauer.

1995 kam es zur Gründung des Zürcher Vereins CSD, der die "Gay Parade" vom 24. Juni organisierte, an der 3000 Männer und Frauen teilnahmen (Bericht im aK Nr. 4/95, S. 44). Dieser Verein bestand bis 2009 und heisst seither Verein Zurich Pride Festival. Sein Zweck ist die Vorbereitung und Durchführung der nun jährlich stattfindenden CSDs mit Reden, Umzug, Festplatz und Veranstaltungs- bzw. Partynächten in Zürich.

Am 5. Juli 1997 zog die Romandie nach mit der ersten Pride in Genf. Dann folgten Jahr um Jahr andere Orte: Lausanne, Fribourg, Bern, Sion, Neuchâtel (2002 zur Expo nationale), Delémont, Genf, Luzern und Lausanne. Fribourg 2007 musste aus finanziellen Gründen abgesagt werden. 2008 fand die Pride in Bienne/Biel statt mit dem zweisprachigen Motto "ensemble - mittendrin".

Alle CSDs und Prides sind im "Stammbaum" (Zeittafeln) unter dem Jahr ihrer Durchführung aufgelistet.

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Ernst Ostertag, Juli 2011

Quellenverweise
1

hey, 9/1982, S.5