1995

Reaktion der HuK

Brief an den Synodalrat

Am 29. Juli 1995 sandte die HuK Schweiz einen von vier Vorstandsmitgliedern unterzeichneten Brief an den Synodalrat der Evangelisch-reformierten Kirche Bern-Jura:

"Einsegnung von Homosexuellen

[...] Als ökumenischer Verein [...] HuK Schweiz bemühen wir uns seit mehr als zehn Jahren für eine bessere Integration von Lesben und Schwulen in den deutschschweizerischen Landeskirchen. An manchen Orten sind wir mehr oder weniger regelmässig im Gespräch mit Kirchenleitungen und einzelnen Pfarrämtern. [...] Doch häufig bleiben wir Lesben und Schwule unter uns, [...].

Vor mehr als zehn Jahren brach Aids über die schwule Welt herein, [...]: plötzlich sind wir wieder in der ganzen Existenz fundamental bedroht und zurückgeworfen in eine Unsicherheit wie in den Verfolgungszeiten bis Ende des Zweiten Weltkrieges.

Vor diesem Erlebnishintergrund beurteilen wir die Segnung der Partnerschaft von Stefan und Bart in der Berner Nydeggkirche [...] eindeutig positiv. Pfr. Klaus Bäumlin gibt diesem schwulen Paar und auch der viel grösseren lesbisch-schwulen Bevölkerung zum ersten Mal guten und tragfähigen Boden unter die Füsse.

[...] Ihr Versuch mit dem kleinen und theologisch nicht über alle Zweifel erhabenen Vorschlag von 'Fürbitten für homophile Paare in einer gottesdienstlichen Feier' kommt [...] zehn und mehr Jahre zu spät. [...] Immer wieder liessen sich lesbische und schwule Paare in privaten Räumen von Priestern und PfarrerInnen segnen, aber eben geheim, ausgeschlossen von der gemeindlichen Öffentlichkeit und damit ohne anerkennungstiftende Beziehungsenergie.

Zum ganzen Thema Homosexualität und Kirche/Bibel gibt es heute genügend gute Literatur und z. B. in den Schubladen des Zürcher Kirchenrates liegt seit bald zwanzig Jahren ein Diskussionspapier. - Worauf sollen und müssen wir eigentlich noch warten und weiterhin uns verletzen, 'abschüfele' und ausgrenzen lassen?

[...] Wir brauchen Fürbitten und den Segen. Somit ist die ganze Thematik um die Einsegnung in der Nydeggkirche nicht eine Frage des Rechts oder der Kompetenzen im Disziplinarbereich - es ist die Thematik des ehrlichen und christlichen Gewährens und Angedeihenlassens von Seelsorge - und vielleicht ein liturgisches Problem.

Wir hoffen, die Landeskirchen verlassen den Weg der Ängstlichkeit und der Zögerlichkeit [...]. Und wir wünschen Ihnen, dass Sie [...] umschwenken können von der Rechtsklauberei zur Schaffung von gutem Boden mit Lebensqualität, Geborgenheit und wirklich echter, befreiender Beheimatung für uns Lesben und Schwule in der Landeskirche. Vergelt's Gott."

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Ernst Ostertag, Oktober 2007, Ergänzungen Februar 2009