1988

Vernissage

30. Januar

Zum Eröffnungstag widmete die Basler Zeitung die fünf ersten Seiten ihrer Wochenend-Beilage Basler Magazin den "Männergeschichten: 50 Jahre schwules Basel".

Aus dem Leitartikel von Paul Imhof:1

"Was erst seit relativ kurzer Zeit auch Geschichte werden soll (und es gewiss schon lange bedeutet), ist die Sozialgeschichte. [...] Welche sozialen Gruppen haben welche bestimmt, regiert oder genutzt? Ganz zu kurz gekommen ist die Geschichte der Minderheiten. Mit ihrer Arbeit über die Geschichte der Homosexuellen in Basel [...] haben zwei junge Historiker, zusammen mit rund 30 Mitarbeitern, ein Thema angepackt, das den meisten Bürgern suspekt, wenn nicht ein Gräuel ist. [...]

Was ist bloss geschehen? Da kommt eine kleine Gruppe fast ausschliesslich homosexueller Männer daher und will die Geschichte der Schwulen in Basel recherchieren. Will eine Ausstellung zusammenstellen und ein Buch herausgeben. Die Gruppe braucht Geld. Schreibt also die Regierungen der beiden Basel an, Gemeindebehörden, Institutionen, Unternehmen und Privatleute. Stellt ein Konzept zusammen und macht sich auf die Suche nach einem Patronatskomitee, denn gut Geld will Namen haben. Und findet ein dergestaltes Komitee, das sich, nach einiger Zeit unermüdlichen Telefonierens und rüstigen Weibelns, als 61 Namen umfassendes 'Who is who of Basel and Surroundings' präsentiert - darunter nicht weniger als vier Regierungsräte und vier Nationalräte/innen: die Basler Gysin, Feldges und Schnyder, die Landschäftler Stöckli, Fankhauser, Auer, Nebiker und Ott. Sogar das ausgleichende Parteienspektrum von SP und FDP, von CVP und SVP bleibt staats- und gesellschaftserhaltend gewahrt. [...]"

Eröffnet wurde "Männergeschichten" durch den Basler Regierungsrat Remo Gysin, was natürlich ein entsprechendes Medienecho auslöste, welches weiterhin bestehen blieb, zusätzlich angeregt durch diverse Begleitveranstaltungen. So schrieb der Berner Bund vom 6. Februar 1988:

"Es scheint, dass wir - Aids zum Trotz - nun an einen Punkt der Geschichte gekommen sind, wo mit einem Tabu aufgeräumt werden kann, werden muss. Die Basler Ausstellung, zu deren Vernissage Sanitätsdirektor Remo Gysin eine engagierte Ansprache hielt, zeugt von einem neuen Bewusstsein für Gegenwart und Geschichte."

Und die Basler Zeitung BZ begann ihren Ausstellungsbericht vom 1. Februar 1988 mit:2

"Das mit sozialgeschichtlichen Ausstellungen nicht gerade verwöhnte Basel erhält mit der von Kuno Trüeb und Stefan Miescher aufgearbeiteten Geschichte der Schwulen in Basel eine einmalige Ausstellung: Ausser in Berlin wurde in Europa noch nie eine Ausstellung zu diesem Thema gezeigt, erklärte Kuno Trüeb in seiner Ansprache an der Vernissage."

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Ernst Ostertag, Mai 2008

Quellenverweise
1

Basler Zeitung, 30. Januar 1988

2

Basler Zeitung BZ, 1. Februar 1988