2004/2005

Die Abstimmungskampagne

… führt zum Sieg

Alles war vorbereitet. Das Referendum war zustande gekommen, eine baldige Abstimmung feste Tatsache. Nun konnte die Kampagne starten.

Sie bot die einmalig grosse Chance, die Sache der Lesben und Schwulen dem gesamten Schweizervolk nahe zu bringen und das Anliegen einer rechtlichen Gleichstellung klar und einleuchtend zu begründen. Denn dieses Anliegen entspricht der Bundesverfassung; eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit. Niemandem wurde etwas weggenommen, niemand wurde eingeschränkt. Im Gegenteil, es brachte alle weiter, auch die Hetero-Mehrheit. Es machte offener und freier.

Auftakt zur Kampagne war eine Grosskundgebung am 23. Oktober 2004 in Bern. Tausende kamen aus allen Ecken des Landes und trugen orangerote oder rosafarbene Ballone mit sich. Besonders bewegend waren Statements von Einzelpersonen und das Votum der Elternorganisation fels. Das Thema: Warum wollen wir?

Die Kampagne brauchte Geld, sehr viel Geld. Breit gestreute Sammelaktionen mit Aufrufen, mit Werbe-Postkarten, auch mit Spendenaufforderungen plus Einzahlungsscheinen, die jedem Bericht und sämtlichen Publikationen beigelegt waren, das gab es nicht nur im Anfang, sondern kontinuierlich bis über das Abstimmungsdatum hinaus. Das Budget wurde eingehalten, am Ende blieb keine Restschuld bestehen.

Die eigentliche Eröffnung der heissen Phase des Abstimmungskampfes war auf den 21. März 2005 angesetzt. Es fand eine Medienkonferenz in Bern statt. Wiederum gab es eindrückliche persönliche Aussagen und viele Interviews.

Ein zweiter grosser Anlass mit viel Prominenz lenkte das landesweite Medieninteresse auf zwei Orte der Zentralschweiz: Willisau und Luzern. Dort setzten sich ehemalige Bundesrätinnen und andere Exponenten aus der Politik zusammen mit Kulturschaffenden und bekannten Moderatoren unüberseh- und unüberhörbar für das Partnerschaftsgesetz ein. Sie eröffneten auf sozusagen höchster Ebene die nationale Abstimmungskampagne und enthüllten die erste Serie von witzigen Werbeplakaten mit dem Slogan "Liebe ist..." in drei Landessprachen.

Nun floss die Kampagne wie eine Welle hinaus, geleitet und angetrieben vom engagierten "Fussvolk" mit Hunderten von effizienten und vor allem mutigen persönlichen Einsätzen quer durchs ganze Land und bis ins letzte Dorf. Dazu und auch über eine Podiumsdiskussion in der Universität Zürich vermitteln Zeugenberichte etwas von der Stimmung jener besonderen Zeit.

Das Partnerschaftsgesetz wurde vom Volk am 5. Juni 2005 angenommen. Dies mit einem Anteil an Ja-Stimmen von 58% bei einer Stimmbeteiligung von 55,7%. Es war ein verdienter Sieg. (Die Zahl der Ja-Stimmen im Kanton Zürich stieg dabei von 62,7% im Jahr 2002 auf 64,4% drei Jahre später.)

Ein letzter Spendenaufruf wirkt zugleich wie ein Schlussbericht und zeigt, dass es, wie Claude Janiak einmal sagte, kein Spaziergang war. Es war der starke Einsatz einer Minderheit nicht nur für sich selber, sondern für alle.

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Ernst Ostertag, März 2012