1997-2002

Weitere Schritte

Claude Janiak in seinem Referat von 2007:

"Die Polarisierung in der politischen Debatte veranlasste die Schwulen- und Lesbenorganisationen, weiterhin aktiv zu bleiben. Im Oktober 1997 reichten sie beim Bundesamt für Justiz ausformulierte Gesetzesvorschläge ein. Um den Druck aufrecht zu erhalten, wurden weitere parlamentarische Vorstösse eingereicht. Zu erwähnen sind insbesondere die parlamentarischen Initiativen des liberalen Genfer Nationalrates Jean-Michel Gros und der grünen Nationalrätin Ruth Genner (ZH)."

Dazu aus dem Bericht des Bundesamtes für Justiz:1

"Am 30. November 1998 reichte Nationalrat Jean-Michel Gros eine von 21 Personen mitunterzeichnete parlamentarische Initiative in Form einer Anregung ein. Danach sollen die notwendigen gesetzgeberischen Massnahmen getroffen werden, um zwei Personen, welche ein dauerhaftes Zusammenleben beabsichtigen, die Registrierung ihrer Partnerschaft (also auch Konkubinate von Heterosexuellen) zu ermöglichen. Eine weitere parlamentarische Initiative wurde von Frau Nationalrätin Ruth Genner am 18. Dezember 1998 eingereicht [...], dass eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren möglich wird.2 [...]

Schliesslich hat Frau Ständerätin Vreni Spoerry (ZH, FDP) am 9. Dezember 1998 eine einfache Anfrage an den Bundesrat gerichtet. Sie ersuchte [...] um Auskunft, bis wann mit der Fertigstellung des vom Bundesrat in Aussicht gestellten Berichts über die rechtlichen Probleme gleichgeschlechtlicher Paare [...] gerechnet werden dürfe. In seiner Antwort vom 1. März 1999 hat der Bundesrat (nun unter Ruth Metzler) die Veröffentlichung [...] noch vor den Sommerferien 1999 angekündigt."

Claude Janiak:

"In der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre wurde auch die Bundesverfassung revidiert. Bei dieser Diskussion kämpften Schwule und Lesben für die Ausdehnung des Diskriminierungsverbots auf die geschlechtliche Orientierung. Diese Forderung wurde von den gleichen Kreisen bekämpft, die jede Gleichstellung von Schwulen und Lesben von vornherein ablehnten. Allerdings erfolglos: In Art. 8 Abs. 2 wurde die Formulierung gewählt, dass niemand aufgrund seiner Lebensform diskriminiert werden darf. [...]

Durch die Annahme der neuen Verfassung in der Volksabstimmung wurde das Diskriminierungsverbot auf Verfassungsstufe gehoben. Damit war der Auftrag gegeben, die Diskriminierungen aufgrund der bestehenden Gesetzgebung zu beseitigen. Die Verfassungsänderung, in Kraft seit dem 1. Januar 2000, war deshalb ein entscheidender Schritt hin zum Partnerschaftsgesetz. Sie erleichterte die Argumentation wesentlich.

Im Juni 1999 erschien auch der Bericht über die rechtliche Stellung gleichgeschlechtlicher Paare. Er [...] dokumentierte eingehend die Nachteile der rechtlich ungesicherten Lage gleichgeschlechtlicher Paare in den verschiedensten Bereichen, insbesondere im Erb-, Steuer-, Sozialversicherungs- und Ausländerrecht. Der Bericht stellte eine ganze Reihe von Lösungsvarianten zur Debatte, von punktuellen Gesetzesänderungen über eine registrierte Partnerschaft bis hin zur vollständigen Öffnung der Ehe.

Wie üblich in der Schweiz wurde ein Vernehmlassungsverfahren zu diesem Bericht eingeleitet. Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse beauftragte der Bundesrat am 25. Oktober 2000 das EJPD (Eidg. Justiz- und Polizeidepartement), einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der eine staatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare gewährleisten und den Betroffenen eine rechtlich-institutionelle Absicherung ihrer Gemeinschaft ermöglichen, sich aber in den Wirkungen von der Ehe abgrenzen sollte. Der Vorentwurf übernahm diese Vorgabe und wurde am 14. November 2001 in eine weitere Vernehmlassung geschickt.

Das Ergebnis war klar und brachte zum Ausdruck, dass die Schaffung einer eidgenössischen Regelung von einer deutlichen Mehrheit von Kantonen, politischen Parteien und diverser Organisationen begrüsst wurde. Am 26. Juni 2002 nahm der Bundesrat vom positiven Ergebnis der Vernehmlassung Kenntnis und beauftragte das EJPD, eine an den Vorentwurf angelehnte Botschaft auszuarbeiten. Sie wurde am 29. November 2002 vom Bundesrat verabschiedet und den eidgenössischen Räten überwiesen."

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Ernst Ostertag, Oktober 2008

Quellenverweise
1

Bericht des Bundesamtes für Justiz, Juni 1999, Seiten 5 und 6

Anmerkungen
2

also die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare