1985-1987

Botschaft des Bundesrates

Mitte 1985 lag die Botschaft des Bundesrates zur Revision vor. Aus Rücksicht auf die öffentliche Kritik ging er zu den Empfehlungen der Expertenkommission auf Distanz, empfahl zwar die Streichung des Art. 194, erhöhte jedoch das Schutzalter auf 16.

Am 18. Juni 1987 befand der Ständerat als Erstrat über die Revision. Dazu Beat Gerber:1

"Die Streichung des Art. 194 StGB, wie es die Kommission vorschlug, war im Parlament kaum umstritten. Schwerer tat man sich mit Art. 157 MStG. 1987 stellte Ständerat Carlo Schmid (CVP, AI) den Antrag auf Streichung [...]. Schmid erklärte dazu:

'Die Homosexuellen interessieren mich überhaupt nicht. Es scheint mir aber einfach nicht richtig, homosexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie im Zivilleben oder im Militärdienst erfolgen.'

Der Ständerat mochte dieser Argumentation nicht folgen.3 Offenbar gingen die Phantasien der Ständeräte in die gleiche Richtung, wie jene von Jürg Dubs, Chef des Militärstrafwesens im EMD, welcher in der Weltwoche die Disziplin gefährdet sah [...]."

Aus dem erwähnten Bericht der Weltwoche zu den Beratungen im Parlament:2

"Gleich wie schon 1978 wurde auch 1987 so argumentiert, als ob bei einer Entkriminalisierung homosexueller Beziehungen die militärische Disziplin vollständig untergraben würde. Besonders im Eidgenössischen Militärdepartement (EMD) fürchtet man sich offenbar vor Manifestierungen der vermuteten latenten Homosexualität. Jürg Dubs [...]:

'Wenn Art. 157 Ziffer 1 gestrichen wird, geht es in den Duschen und Schlafräumen los'.

Das sei doch wie bei Männern auf hoher See."

Ernst Ostertag, April 2008

Quellenverweise
1

Beat Gerber, Lila ist die Farbe des Regenbogens, Schwestern, die Farbe der Befreiung ist rot. Die Homosexuellen Arbeitsgruppen der Schweiz (HACH) von 1974-1995, Seite 74

2

Weltwoche Nr. 5, 4. Februar 1988, Seite 43

Anmerkungen
3

Die Ablehnung erfolgte aber nur mit einer knappen Mehrheit.