Newsletter 99

April 2018

Diese Ausgabe enthält folgendes Thema:

  • Ein Paukenschlag vor 40 Jahren   

   

Ein Paukenschlag vor 40 Jahren

eos. Homosexualität war Thema der "Telearena" vom 12. April 1978. Was immer in dieser grossen Diskussionssendung des Schweizer Fernsehens aufgegriffen wurde, beherrschte danach wochenlang die Gespräche im Land. In diesem Fall mehr denn je. Das folgende Zitat zeigt auf, um was es ging:

"Zum ersten Mal wurde in der Schweiz einem Millionenpublikum vor Augen geführt, dass Homosexuelle nicht mehr länger bereit waren, die täglichen Diskriminierungen tatenlos hinzunehmen."

Es waren 1,5 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Echo war enorm. Nach der Sendung erschienen über 200 Artikel in Printmedien quer durch die ganze Schweiz. Das Thema blieb über Wochen präsent und wurde kontrovers weiter diskutiert an Rednerpulten, im Radio und vor Kameras, in Redaktionsstuben, in Leserbriefspalten und an Stammtischen landauf, landab. 

Via Bildschirm waren Schwule plötzlich in die Wohnstuben der Menschen getreten und hatten lauthals ihre unmögliche Lebenssituation dargestellt und ihre unmissverständlichen Forderungen präsentiert. Dass etliche von ihnen Masken trugen aus Angst vor Diskriminierung am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft, dass andere masslos waren in ihren Äusserungen, das schreckte und erzürnte viele der Zuschauer, brachte manch andere zum Nachdenken, liess keinen unberührt. 

In der Geschichte der Schwulenbefreiung ist "Die Telearena" zum singulären Begriff geworden. Aus heutiger Sicht fällt die Unversöhnlichkeit auf, das Verletztsein auf beiden Seiten, sowohl bei den Schwulen, die das Recht auf ihre Lebensart forderten, wie bei den Religiösen und Konservativen, die ihren Glauben, ja ihr Leben bedroht sahen. Die Härte der Sprache mit teilweise unverhohlener Häme in Ausdruck und Ton zeigt die damalige Brisanz des Themas und wie wichtig es war, dass die öffentliche Diskussion angestossen wurde. Heute wissen wir, dass in den folgenden 27 Jahren offen diskutiert und gründlich nachgedacht wurde. Denn nur so konnte es zum Konsens bei den Volksabstimmungen über die Partnerschaftsgesetze von 2002 (ZH) und 2005 (CH) kommen.

"Die Telearena" steht für Ausbruch, aber auch für Schande. Schande im Blick auf die Lesben, die zwar anwesend waren, aber konsequent ignoriert und sichtbar an den Rand gedrängt blieben.

Schauen wir uns die Berichte zur damaligen Sendung an. Sie versetzen uns in einen spannungsgeladenen Abschnitt der eigenen Sozialgeschichte. Hier und weiter in den folgenden elf Webpages:

Telearena Homosexualität