Komponist

Komponist von Bühnenmusiken

Während der Nazizeit waren am Schauspielhaus Zürich einige der besten Schauspieler und Regisseure tätig, die aus Deutschland emigrieren mussten. Als Verantwortlicher für die musikalische Begleitung aller Inszenierungen war Paul Burkhard mit vielen prominenten Künstlern befreundet: Leonard Steckel, Leopold Lindtberg, Therese Giehse, Maria Becker und andere gehörten zu seinem engern Freundeskreis, der sich oft im Wohnhaus der Familie Burkhard am Zeltweg traf. Burkhard spielte, meist mit Valeska Lindtberg, fast jeden Abend live. Er komponierte ab 1939 über 40 Bühnenmusiken, die teilweise auch von anderen Theatern übernommen wurden. So schuf er etwa Musik zur Nestroy-Zauberposse "Lumpazivagabundus", zu Stücken von Giraudoux, Goethe, Schiller und Shakespeare, zu Uraufführungen wie Max Frischs Schauspiel "Die chinesische Mauer" oder Bertolt Brechts "Mutter Courage". Statt Ferien zu machen musste Burkhard mehrmals als HD-Soldat in den Militärdienst einrücken. Seine bedeutendste Bühnenmusik fürs Schauspielhaus schrieb er aber viele Jahre später, als er nicht mehr dort tätig war: 1959 entstand in enger Zusammenarbeit mit Friedrich Dürrenmatt die Musik zu "Frank V.", der makabren, gesellschaftskritischen "Oper einer Privatbank".

Chansonkomponist

Neben seinen hauptberuflichen Tätigkeiten schüttelte Paul Burkhard stets auch heitere Chansons, Couplets, Duette, Songs und Lieder aus dem Ärmel, ja sogar eine neue Nationalhymne, die aber keine Zustimmung fand. Gerne schrieb er für Kabarettisten wie Elsie Attenhofer, Lukas Ammann, Emil Hegetschweiler und Schaggi Streuli. Viele dieser kleinen musikalischen Köstlichkeiten sind auch - anstelle von Arien - in seinen Operetten und Bühnenerfolgen zu finden. In einem seiner besten Chansons in der "Kleinen Niederdorf-Oper" vertonte Burkhard sein melancholisches Lebensmotto: "C'est la vie: quand on n'a pas ce qu'on aime il faut aimer ce qu'on a."

Operettenkomponist

Noch in seiner Berner Zeit schrieb der junge Kapellmeister Paul Burkhard seine erste Revue-Operette "Hopsa", die 1935 am Zürcher Stadttheater, dem heutigen Opernhaus, erfolgreich uraufgeführt und von andern Häusern übernommen wurde. Insgesamt komponierte er mehr als ein Dutzend Operetten, Fest- und Singspiele, unter anderem "3 x Georges", "Das Paradies der Frauen", "Casanova in der Schweiz" oder sein letztes Werk, das Musical "Regenbogen". Das Mundart-Stück "Die kleine Niederdorf-Oper" rund um das glücklose Bäuerlein Heiri (Ruedi Walter, Erich Vock) hält in Zürich bis heute den Besucherrekord.

Sein erfolgreichstes Bühnenstück aber war die musikalische Dialektkomödie "Der schwarze Hecht" (1939) mit dem Libretto des jungen Lehrers Jürg Amstein nach einer Vorlage von Emil Sautter. Bei einer bürgerlichen Geburtstagsfeier läuft alles schief, weil das schwarze Schaf der Familie erscheint: der Zirkusdirektor Obolski mit seiner bezaubernden Frau Iduna, die von ihrem Papa, dem Clown, schwärmt. Zehn Jahre lang verschwand der "Hecht" in den Schubladen, erst Neuinszenierungen in Zürich (1948) und Basel (1951) brachten den Durchbruch in der Schweiz. Der "schwule, deutsche Operettenzauberer" Erik Charell motzte den "Hecht" als hochdeutsches "Feuerwerk" zur Revue auf. Charell inszenierte die deutsche Premiere 1950 in München selber. 1954 verfilmte Lustspielregisseur Kurt Hoffmann das "Feuerwerk" erstmals mit Weltstar Lilli Palmer als Iduna und der erst 16-jährigen Romy Schneider in einer Nebenrolle. Weitere Verfilmungen und TV-Inszenierungen folgten. "Feuerwerk" war in den 1950er Jahren im deutschsprachigen Raum das meistgespielte Bühnenstück und wird bis heute oft aufgeführt.

Komponist geistlicher Spiele

Für die Schülerweihnacht in Zell textete und komponierte Paul Burkhard 1960 die "Zäller Wienacht", ein geistliches Spiel über die Geburt Jesu, gespielt von den Schulkindern. Das erfolgreiche, moderne Krippenspiel wurde mehrmals vom Schweizer Fernsehen aufgezeichnet und wird bis heute in der Weihnachtszeit überall auf der Welt aufgeführt - immer ohne Kulissen, mit Kindern in Alltagskleidung, ganz der Imagination des Publikums vertrauend. 1974 strahlten über 3000 UKW-Radiostationen die englische Version aus. Friedrich Dürrenmatt hielt das biblische Spiel für Burkhards bedeutendstes Werk. In der Folge entstanden auch Musiken für Kinder- und Jugendmessen sowie - auf Bitten der Zeller Schule und nach Dürrenmatts Anregung - das Musical "Noah" (1966) und weitere geistliche Spiele: "De Zäller Josef" (1964), "D'Zäller Glichnis" (1969) und "Zäller Ooschtere" (1972).

Komponist klassischer Musik

In seinen letzten Lebensjahren komponierte Paul Burkhard zunehmend auch ernstere Werke, die früher weniger Raum in seinem Schaffen eingenommen hatten. Für die Hamburger Staatsoper komponierte er auf Wunsch des Intendanten Rolf Liebermann 1970 die Oper "Ein Stern geht auf aus Jaakob". Nach einem Besuch auf dem Berg Athos, wo ihn die Mönche baten, er solle bleiben, entstanden 1975 "Fünf Gesänge für die Byzantinische Liturgie". Im Jahr darauf komponierte der bereist schwer erkrankte Burkhard das Trio "Sieben Stufen des Lebens, begleitet von einer Nachtigall, der Bringerin eines sanften Todes", ein Kammermusikstück für Klarinette, Harfe und Orgel.

Peter Kaufmann, August 2014

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Weiterführende Links extern

Zentralbibliothek: Nachlass Paul Burkhard

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"Feuerwerk": Filmkomödie nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Erik Charell und Jürg Amstein (Regie: Kurt Hoffmann). Kinowelt Home Entertainment 2004