Wanderjahre zwischen Europa und Amerika

Bei MGM bleibt René Hubert nur bis 1931. Ab Ende der 1920er Jahre zieht es ihn immer wieder zurück nach Europa. Inzwischen ist er auch in der alten Welt ein gefragter Mann. Als Freischaffender pendelt er zwischen Paris, London und Hollywood hin und her. Und bis 1933, der Machtübernahme der Nazis, arbeitet er für mehrere Filme in Berlin (zum Beispiel für "Die Drei von der Tankstelle" mit Heinz Rühmann oder "Liebeswalzer" mit Lilian Harvey). Danach will Hubert mit dem deutschen Film nichts mehr zu tun haben. Er hatte mitbekommen, wie befreundete jüdische und homosexuelle Künstler ihre Jobs verloren, auswandern mussten oder verschwanden. Als Weltbürger ist Hubert nicht auf Berlin angewiesen.

Zahlreiche Filme, die René Huberts Handschrift tragen, wurden mit Oscars ausgezeichnet oder für Oscars nominiert. Selbst wird er nur zweimal nominiert: 1955 für "Désirée" von Henry Koster mit Marlon Brando als Napoleon I., Jean Simmons und Merle Oberon. Diese Nomination muss er sich mit Charles LeMaire1 teilen, dem damaligen Kostümchef der 20th Century Fox. Zum zweiten Mal nominiert wird Hubert 1965 für "The Visit" von Bernhard Wicki mit Anthony Quinn und Ingrid Bergman als Claire Zachanassian in der Adaptation des Dürrenmatt-Theaterstücks "Der Besuch der alten Dame". Dieser Film bildet den Abschluss von Huberts Filmkarriere. Er ist inzwischen 70 Jahre alt und kehrt dem Filmgeschäft für immer den Rücken.

Dass René Hubert nur zweimal mit einem Oscar nominiert wurde, hat damit zu tun, dass der Kostüm-Oscar erst ab 1948 vergeben wird - und Hubert sich ab 1950 in Hollywood besonders rarmacht. Die meisten der Berufskollegen seiner Generation, die ebenso wie er in der ersten Liga der Filmkostümbildner spielen, haben ausschliesslich und länger in Hollywood gearbeitet als Hubert, weshalb sie bei den Oscars auch öfter berücksichtigt wurden - etwa Walter Plunkett, Orry-Kelly, Charles LeMaire oder Edith Head. Immerhin: 2005 wurde Hubert in Los Angeles posthum in die Hall of Fame der Costume Designers Guild aufgenommen.

René Hubert muss ein Workaholic gewesen sein. Zwischen seinen Filmen arbeitet er in europäischen und amerikanischen Metropolen für Musical-, Operetten- und Revuetheater. Zusammen mit dem legendären Juwelier Joseff of Hollywood2 gestaltet er den Schmuck für die Filmkostüme. Er entwirft Kleider, Hüte oder Stoffmuster für diverse Unternehmen und arbeitet für Modehäuser. Ausserdem betreut er in England blaublütige Privatkundinnen.

Christian Wapp, September 2020

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Charles LeMaire (1895-1985) leitete von 1943 bis 1959 die Kostümabteilung der 20th Century Fox und betreute als Kostümbildner selbst zahlreiche Filme. Von 1943 bis 1950 war er René Huberts Vorgesetzter. LeMaire gewinnt 1951 seinen ersten Oscar für "All About Eve", zusammen mit Edith Head. Insgesamt gewinnt er 3 Oscars und wurde 9mal für den Oscar nominiert. Huberts Oscarnomination für "Désirée" (1955) muss er sich mit LeMaire teilen.

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René Hubert hat für mehrere Filme die Juwelen entworfen und liess sie bei Joseff of Hollywood fertigen. Er war mit dem Gründer Joseff befreundet. Die Firma würdigt Huberts Schaffen für Joseff ausführlich auf ihrer Website