1921-2006

Karlheinz Weinberger

... Hof-Fotograf des KREIS

Unter seinem bürgerlichen Namen blieb Karlheinz Weinberger Arbeiter und Angestellter, ein unbekannter Durchschnittsmensch. Fotografie war sein Hobby, mehr noch, seine Passion. Dafür lebte er.

Grossgewachsen, zäh und drahtig, ein Mann, der lieber im Freien war als in einem Büroraum, ihn zog es zu Arbeitern, Bauern, Naturburschen und all jenen hin, die sich gesellschaftlichen Normen widersetzten und ein selbstbestimmtes, freies Leben führten oder führen wollten. Die fing er mit seiner Linse ein, nicht nur Gesichter oder die ganze Menschengestalt, er nahm das Umfeld hinzu und liess auch Heiteres oder Trauer, Sorgen und Träume sichtbar werden.

Anfang der 50er Jahre kam er zum KREIS. Er nannte sich "Jim". Ab 1952 erschienen regelmässig Bilder von ihm in der Zeitschrift. Bald wurde er zum eigentlichen "Hof-Fotografen", der in den KREIS-Büchern "Der Mann in der Photographie" ebenfalls stark vertreten war. Als erste Bildbände mit ausschliesslich männlichen Modellen waren diese Publikationen eine Sensation.

"Jim" war Meister einer verhaltenen Erotik, die durch ihre Natürlichkeit wirkte und alle in den Bann zog, die ein Sensorium dafür hatten. Bei den grossen Festanlässen des KREIS war "Jim" regelmässig dabei, wählte seine Modelle unter den Anwesenden aus, liess sie posieren und schoss die heiss begehrten Portraits.

Noch während und vor allem nach der KREIS-Zeit wandte er sich jenen besonderen jungen Aussenseitern zu, die von der Allgemeinheit eher abschätzig "Halbstarke" genannt wurden. Er zeigte Sympathie und schaffte es, Nähe und Aufnahme in dieser Szene zu finden. So entstanden packende Portraits und faszinierende Gruppenbilder. Mit den Jahren schuf er eine einzigartige Dokumentation. Erst spät trat er damit - unter seinem richtigen Namen - in die Öffentlichkeit. So gelang der Durchbruch. Seine letzten Lebensjahre waren vom Erfolg geprägt und er, fast blind geworden, genoss das Berühmtsein sichtlich.

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Ernst Ostertag, Januar 2013