Leben

Ettore Cella kam am 12. September 1913 als Sohn italienischer Immigranten in Zürich zur Welt und wurde dort 1930 eingebürgert. Sein Vater Enrico Dezza, Sozialist norditalienischer Herkunft, gelangte 1897 nach Zürich. Er war Gerant im Zürcher Restaurant "Cooperativa" (1907 bis 1909 und erneut von 1935 bis 1953; das Restaurant befand sich damals an der Militärstrasse und wurde erst später in "Cooperativo" umbenannt). Im selben Restaurant arbeitete seine Mutter Erminia Cella als Köchin und später als Seele des Hauses. Schon als fünfjähriges Kind stand Cella auf der Bühne im Volkshaus Zürich. Nach einer Lehre als Glasbläser studierte er an der Kunstgewerbeschule Bühnenmalerei und Kostümkunde. Cella war ein begnadeter Erzähler von Anekdoten aus seinem persönlichen Leben und wusste immer den neusten Klatsch und Tratsch. Ausserdem war er ausserordentlich belesen und kulturell immer auf der Höhe der Zeit, wenn auch oft genug mit kritischer Distanz. 2001 zeichnete ihn die Stadt Zürich für seinen Beitrag an das Schweizer Filmschaffen aus. Cella lebte während 53 Jahren zusammen mit seinem Partner Richard Lenggenhager, zuerst in Zürich, dann während Jahrzehnten in Brütten (Kanton Zürich), wo er am 1. Juli 2004 verstarb.

Cella beschäftigte sich intensiv mit dem Beitrag von Schwulen zur europäischen Kulturgeschichte, was sich unter anderem aus seiner umfangreichen Bibliothek zu diesem Thema schliessen lässt, die er einige Jahre vor seinem Tod der Jugendorganisation Spot 25 übergab. Die "militante" Schwulenbewegung entsprach nicht seinem Naturell, wohl aber die selbstverständliche Integration von Schwulen und Lesben in ihr jeweiliges Lebens- und Arbeitsumfeld. Dafür setzte er sich bedingungslos ein. Er plädierte für die Kraft des Verstandes und die Waffen der Ehrlichkeit, für Gerechtigkeitssinn und Intelligenz, wenn es um die Universalität der Liebe ging: Entgegen anderslautenden Zeugnissen, angefangen im Alten Testament, könne die aufrichtige und gewaltfreie Liebe zwischen Menschen niemals etwas Abscheuliches sein.1 Zu der Zeit seiner Jugend und in dem familiären Umfeld, in dem Cella aufwuchs, musste die Homosexualität noch versteckt werden, wobei in Künstlerkreisen eine gewisse Toleranz herrschte.

Josef Burri, Dezember 2014

Anmerkungen
1

Ansprache anlässlich des Pink-Apple Filmfestivals in Frauenfeld des Jahres 2002 (Con la forza della ragione - con le armi dell onestà, in: Ettore Cella-Dezza: Nonna Adele e alcuni brevi scritti recenti. Tragelaphos quaderno 111, L'Avvenire dei lavoratori, Zürich 2003, 184-192.