Bühne als Leidenschaft

Da Mama Rapp als Garderobenfrau im Zürcher Schauspielhaus tätig war, kam der kleine Röbi schon früh mit dem Theater in Kontakt. Im Alter von acht Jahren stand er erstmals auf der Pfauen-Bühne: Oskar Wälterlin und Leopold Lindtberg suchten während der Spielzeit von 1938/39 Kinder für die Inszenierung von Goethes "Götz von Berlichingen". Röbi erhielt seine erste Chance und fühlte sich rasch wohl in der spannenden Theater-Welt; weitere kleinere oder grössere Rollen folgten; so spielte er in "Hanneles Himmelfahrt" von Gerhart Hauptmann einen Schüler und einen Engel. Die Menschen, die damals im Schauspielhaus arbeiteten, waren so etwas wie eine grosse Familie, die in sehr schwierigen politischen Zeiten zusammenhielt. Dank diesen Beziehungen gelang es Röbi und seiner Schwester Hedy, heimlich über einen Seiteneingang ins Parterre zu gelangen: Dort standen oder sassen sie und folgten den Aufführungen. Am Ende der Vorstellungen verschwanden sie sofort, um dann, wenn Mama nach Hause kam, brav in den Betten zu schlafen.

Auch im Stadttheater (heute Opernhaus Zürich) war Röbi ein gefragter Bub: Im "Dornröschen" spielte er einen Koch, im "Schneewittchen" einen Zwerg und in der Operette "Der fidele Bauer" von Leo Fall den Heinerle. Während der Landesausstellung von 1939 wirkte er im Landi-Theater mit, in einem Robinson-Stück von Hermann Ferdinand Schell, dem Vater von Maria und Maximilian Schell, die beide ebenfalls von der Partie waren. Zweifellos als Höhepunkt dieser frühen schauspielerischen Tätigkeit zu werten ist die Titelrolle im Schweizer Spielfilm "Das Menschlein Matthias" (1941) von Edmund Heuberger: Es ist die melodramatische Geschichte eines unehelichen Buben, der bei der lieblosen Schwester seiner Mutter aufwächst, aber von einer intakten Familie träumt und alles dafür tut, damit der Traum wahr wird. Mit dieser filmischen Liebesgeschichte wurde aus dem in Zürich aufgewachsenen Röbi mit deutschem Pass ein "Schweizer Kinderstar". Schweizer Radio und Fernsehen SRF sowie die Cinémathèque suisse mit Unterstützung des Vereins Memoriav und der Praesens-Film restaurierten und digitalisierten den Film 2017.

Röbi spielte, sang, tanzte, nahm Geigen- und Gesangsstunden. Da der Weg für eine professionelle Künstlerkarriere versperrt war, der Hang zum Schauspielern aber blieb, fand Röbi in der Schwulenorganisation KREIS ein neues Betätigungsfeld. Schon in jungen Jahren nahm ihn dort der Schauspieler und KREIS-Leiter Karl Meier / Rolf unter seine Fittiche und verschaffte ihm ab 1949 Auftrittsmöglichkeiten in kleinen Theaterstücken, Cabaret-Programmen, Travestie-Shows und als Chansonnier. Mit dem Ende des KREIS im Jahre 1967 entschwand Röbi auch diese intime Bühne.

Josef Burri, Februar 2019

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"Das Menschlein Matthias": Film von Edmund Heuberger mit Röbi Rapp und Petra Marin. DVD Praesens Film / SRF Klassiker (restaurierte Fassung 2017)