1988/1990
Frühe Aids-Jahre
Die Vorurteile in den 1980er Jahren waren gross: Aids galt in der schlecht informierten Öffentlichkeit als Seuche der Drogensüchtigen und der Schwulen. Fundamentale Sektierer betrachteten HIV als Strafe Gottes für das sündige Treiben. In Zürich war es die Zeit der offenen Drogenszene am Platzspitz und später am stillgelegten Bahnhof Letten. Das Elend war tagtäglich in den Strassen der Stadt sichtbar. Aids-Pfarrer Heiko Sobel, später einer der drei Gründer des Lighthouse, legte nachts Todkranke vor die Türen des Universitätsspitals, weil sie sonst niemand aufnehmen wollte. Dort betreute Professor Ruedi Lüthy, der spätere Lighthouse-Leiter, im Lauf der Zeit über 1200 Aids-Patienten. Zwar kümmerten sich Pfarrer Ernst Sieber in seinem Sunne-Egge und die Stiftung Bethanien im Ankerhuus um sterbende HIV-Opfer. Doch ein Aids-Sterbehospiz, ein Lighthouse nach amerikanischem Vorbild fehlte. Gemeinsam mit dem Zürcher Rechtsanwalt René Aerni gründeten Lüthy und Sobel 1988 die Stiftung Bluemehuus mit dem Ziel, sterbenden Aids-Kranken ein letztes Zuhause zu bieten. Viel Arbeit wartete: Eine passende Liegenschaft musste gefunden und eingerichtet, das nötige Geld beschafft werden. Kirchliche Kreise zeigten sich finanziell überaus grosszügig und gewährten Darlehen. "Die Gründer fanden ausserdem in der politisch sehr aktiven Zürcher Schwulenbewegung viele Unterstützer", erzählt der bekannte Werber und ehemalige Lighthouse-Stiftungsrat Max Wiener. Nach zwei Jahren Suche wurde an der Carmenstrasse 42 für 4,8 Millionen eine Jugendstil-Liegenschaft erworben und zum Hospiz umgebaut. Um dafür Geld zu sammeln, organisierte der Gründerkreis mit der neu aufgegleisten Stiftung "Stunde des Herzens" Benefizveranstaltungen.
Peter Kaufmann, Mai 2016