Zwei Seelen in der Brust

In der ZüriWoche zitierte Annemarie Stüssi den Künstler und Publizisten Gottfried Honegger, der als Industrie- und Werbegrafiker für Fred Schneckenburgers Firma SSSI (Schweizerische Schmirgel- und Schleifindustrie, Frauenfeld) tätig war.1 Gottfried Honegger:

"Das Grossartige an Schneckenburger ist der Umstand, dass er Dilettant war. Heute, wo jeder Profi sein will, ist es gut, sich daran zu erinnern, dass gerade von den sogenannten Dilettanten in Kunst und Wissenschaft immer wieder die entscheidenden Impulse und Leistungen kommen.

Als ich in den vierziger Jahren sah, welch zauberhafte Handpuppen Fred Schneckenburger für die Kinder seiner Verwandten auf Weihnachten hin gebastelt hatte, schaltete ich rasch, ermunterte meinen Freund und Auftraggeber zum Verfassen von Texten und in der Folge zu öffentlichen Auftritten. Ich löste mir ein Hausierer-Patent, um in der damaligen 'Eintracht' [...] am Neumarkt Aufführungen organisieren zu können. Wenn 15 oder 20 Personen kamen, waren wir glücklich. [...]"

Die Tänzerin Trudi Schoop, damals im Cabaret Cornichon als Schauspielerin wirkend, sagte über ihn2:

"Zwei Fred Schneckenburger lebten in Fred Schneckenburger. Der eine war ein Geschäftsmann. Dieser Fred konnte rechnen, dieser Fred verbeugte sich vor allem was normal war. Dieser Fred war ein Bürger.

Der andere Fred erklärte aller Norm den Krieg. Mit wehenden Fahnen ging er gegen den Philister. Er hielt dem Bürger den Spiegel vor. Er schaute selbst in den Spiegel - wahrscheinlich ist er erschrocken. Aber er verurteilte, kritisierte, karikierte die bürgerliche Welt in einer strengen, abstakten Form. Das war seine Rettung."

Ernst Ostertag, Juni 2006

Quellenverweise
1

ZüriWoche, 30. Januar 1992, Seite 51

2

Fred Schneckenburgers Puppencabaret, Zitat im Ausstellungskatalog, München und Zürich, 1991, S. 29