1955

US-Autor James Barr

... und sein Theaterstück "Die Entscheidung"

Anlässlich des Herbstfests vom 1. Oktober 1955 wurde der Versuch gestartet, nebst den heiteren Sketches, Kabarettnummern und -szenen ein ernstes Theaterstück auf die Bühne zu bringen. Die Wahl fiel auf "Game of Fools" von James Fugaté, welches ONE Inc., Los Angeles, unter dem Pseudonym James Barr publiziert hatte. Rolf und Rudolf entschieden sich für den zweiten Akt und Schluss des Stückes. Das Ganze wäre zu lang gewesen. Rudolf, der den Text übersetzte, gab diesem Teil den Titel "Die Entscheidung".

Mit der Aufführung entstand eine neue, leider nur kurze Tradition, die zum Höhepunkt des KREIS von 1955-1958 gehörte und seine Festanlässe wesentlich prägte. Es soll darum dieser ersten "ernsten" Theaterproduktion etwas mehr Raum gegeben werden.

Die Anfangsszene des (ganzen) Stücks zeigt eine Polizei-Razzia in einer Waldhütte, wo vier junge Freunde eine Party feiern. Sie werden der Sodomie bezichtigt. Es folgen peinliche Verhöre. Diesem Druck sind zwei von ihnen nicht gewachsen. Der eine bringt sich um, der andere geht in ein Kloster. Die zwei übrigen werden weiter verhört. Sie lassen die Beamten aber nicht durchkommen, beweisen kann man ihnen nichts. Gegen Ende treten die Eltern des einen auf, der Vater ein irisch-katholischer Lokalpolitiker, die Mutter eine religiöse Fanatikerin mit dem festen Willen, aus ihrem Sohn einen Priester zu machen. Damit ist dieser nicht einverstanden. Die Entscheidung für sein eigenes Leben fällt im 2. Akt.

James Fugaté schrieb das Stück (als James Barr) nach monatelangen Verhören, denen er 1952 als Marine-Offizier ausgesetzt war. Sein Geständnis, er sei Verfasser des homoerotischen Romans "Quatrefoil", brachte ihm die Anzeige eines Verstosses gegen die Sodomie-Gesetze. Natürlich war nicht schlüssig beweisbar, dass er Sodomie tatsächlich ausgeübt hatte, aber man setzte ihn unter grössten Druck, dies zuzugeben und seine Sexpartner zu nennen. Er hielt stand. Schliesslich boten ihm die Militärrichter den Kompromiss einer ehrenhaften statt unehrenhaften Entlassung an. Dies, obwohl er als Nichtüberführter, also Unschuldiger weiter hätte Dienst tun können, wie es seinem mehrfach geäusserten Wunsch entsprach. Er nahm den Kompromiss an, eine andere Wahl hatte er nicht.

Ernst Ostertag, Mai 2005