Zugewandte Orte

"Zu­ge­wand­te Orte" nannte man zur Zeit der Alten Eid­ge­nos­sen­schaft (1291-1798) jene Staaten oder Gebiete, die durch bi- und mul­ti­la­te­re­ra­le Verträge oder Bünd­nis­se mit den acht, später 13 Alten Eid­ge­nös­si­schen Orten ver­bun­den waren. (Bei­spie­le: Fürst­ab­tei St.Gallen, Stadt Genf, Graf­schaft Neu­en­burg, Republik Wallis, Frei­staat der Drei Bünde, heute Grau­bün­den etc.)

Dem KREIS zu­ge­wand­te Orte waren die Basler Isola und der Zürcher Conti-Club, beide durch Verträge. Sie blieben auch nach dem Ende des KREIS weiter bestehen.

Die drei un­ab­hän­gi­gen Betriebe, die Central-Bar, Mary's Old Timers Bar und die Bar­füs­ser-Bar gehörten eben­falls dazu. Sie standen in einer Art un­ge­schrie­be­nem In­ter­es­sen-Bündnis zum KREIS, weil sehr viele Kreis-Abon­nen­ten zu ihrer re­gel­mäs­si­gen Kund­schaft zählten. Nach dem KREIS spielten auch sie wei­ter­hin eine Rolle in der Schwu­len­ge­schich­te. Dies galt be­son­ders für die Bar­füs­ser-Bar.

Sie, genannt "der Bar­füs­ser", besteht als einziges Bar-Lokal noch heute, gilt aber nicht mehr als ty­pi­scher "Treff­punkt". Doch bis ca. 2008 blieb seine Be­deu­tung für die Com­mu­ni­ty der Schwulen und Lesben so gross, dass - obwohl jünger als Central- und Mary-Bar - das Kapitel über den "Bar­füs­ser" an den Anfang der Reihe von zu­ge­wand­ten Orten genommen wurde.

Die Central-Bar gehörte zum Hotel Central, das zwei Brüder leiteten; der eine davon war Abonnent des Kreis. Er machte seine Bar in den 40er bis Ende der 60er Jahre zum Treff­punkt von Ho­mo­se­xu­el­len, die zu den Gästen des Hotels oder zu seinen Freunden im KREIS zählten. Die Central-Bar hatte immer etwas Ex­klu­si­ves.

Auch die kleine "Mary-Bar" war auf ihre Weise exklusiv mit in­ter­na­tio­na­lem Publikum und stark an­glo­ame­ri­ka­nisch ge­präg­tem Flair. Sie blieb bis zum Schluss (1975) der älteste Treff­punkt Zürichs. Man ging "in die Mary" zu ruhigem tête-à-tête, zum Gespräch mit alten Ka­me­ra­den, um Be­kannt­schaf­ten auf­zu­fri­schen oder neue zu schlies­sen. Es war ein dis­kre­tes Refugium, ein sicherer Ort; nie gab es eine Razzia.

Die "Isola" in Basel war 1957 das erste Kind des KREIS und im Anfang nur für Abon­nen­ten mit ihren Gästen zu­gäng­lich. Sie stand aber unter eigener Führung. Später wurde sie un­ab­hän­gi­ger und nach dem Ende des KREIS blieb sie völlig ei­gen­stän­dig bis 2003, als der in­zwi­schen an einem anderen Ort geführte Isola-Club end­gül­tig schloss.

Der "Conti" in Zürich öffnete 1966 kurz vor dem Ende des KREIS und war dessen zweites Kind. Auch er stand unter eigener Führung und diente als Club für Abon­nen­ten und Gäste in gleicher Weise wie es die Ein­tracht am Neumarkt tat (1948-1960) und alle Club-Lokale davor. Im Un­ter­schied zu diesen trat der KREIS jetzt jedoch als al­lei­ni­ger Mieter auf. Er hatte das Lokal mit nie­man­dem zu teilen und konnte dort je­der­zeit Ver­samm­lun­gen, Thea­ter­pro­ben und andere Tä­tig­kei­ten durch­füh­ren. Nach dem KREIS ging der Conti-Club an die Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on über bis der Haus­be­sit­zer 1974 die Räum­lich­kei­ten selber be­nö­tig­te und den Vertrag kündigte.

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Ernst Ostertag, Januar 2013