Newsletter 115

Juli 2019

Diese Ausgabe enthält die folgenden Themen:

  • "Voller Dornen", der Weg zum CSD 1981
  • Neuerungen auf schwulengeschichte.ch

"Voller Dornen", der Weg zum CSD 1981

eos. Nun sind sie Erinnerung oder eben angelaufen, die 50 Jahre Stonewall Prides vom 14./15. Juni in Zürich und vom 6. Juli in Genf mit Teilnehmerzahlen in Rekordhöhe. Seitens der Stadtbehörden gab es dieses Jahr von Anfang an breite Unterstützung. In Zürich wurde erstmals der Sechseläutenplatz und die Stadthausanlage zur Verfügung gestellt, beide über die Quaibrücke miteinander verbunden, die dafür in Gaybrücke umbenannt wurde; in Genf ist es der Platz am See vor dem Palais Wilson und der Parc des Bastions beim Reformationsdenkmal mit der langen Umzugsmeile vom Quai bis zum Park. All das scheint völlig normal zu sein. Doch gehen wir knapp vierzig Jahre zurück, da erschienen Besucherzahlen von 1000 extrem hoch und die Wege zur Bewilligung waren alles andere als einfach. Ein Rückblick lohnt sich. Er zeigt, wie viel Mut und Ausdauer die wenigen Aktivisten jener Zeit brauchten.

1979 kam es in Bern zum ersten "Nationalen Schwulen-Befreiungstag, 10 Jahre Christopher Street Day". Es ging hauptsächlich um die Abschaffung des Homoregisters der Berner Polizei, aber auch um einen Demo-Umzug zur Sichtbarkeit der Homosexuellen. Man musste auffallen und Sympathie gewinnen. Darum hiess der Slogan "Bärn het Schwuli gärn". Auch Freunde aus der Romandie nahmen teil. Man zählte total um 300 Personen. Das war ein Erfolg. Im Jahr darauf galt es aus dem CSD eine Tradition zu machen. 1980 war in Basel eine Gartenbau-Ausstellung unter dem Namen "Grün 80" geplant. Die schwulen Organisatoren übernahmen das und nannten den zweiten nationalen Befreiungstag "Gay 80". Er wurde zum grossen und gefeierten Erfolg mit einem Meer von rosa Ballons, auch deshalb, weil die Polizeibehörde drei Tage zuvor die Aufhebung der Homoregister bekannt gab und weil viele Lesben gut sichtbar am Demo-Umzug teilnahmen. Im Ausstellungskatalog "Männergeschichten" (1988) steht dazu, es habe kaum je zuvor einen derart "ausgelassenen, in allen Farben schillernden" Zug durch Basel gegeben, und die Tagespresse schrieb, "gegen zweitausend Personen forderten die Gleichstellung". Das mag sich auf die gesamte Besucherzahl beziehen. Andere Quellen nennen 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Umzug, was immerhin eine Verdoppelung der Teilnehmerzahl des Demozuges vom Vorjahr bedeutet.

Zwei Mal war der CSD nun erfolgreich durchgeführt worden. Mit einem dritten nationalen Schwulen- und Lesbentag sollte die Tradition gefestigt werden. Eine progressive Gruppe aus Lausanne meldete sich. Sie wollte für Offenheit demonstrieren und der traditionsgebundenen Waadt einen Blick auf schwule Mitbürger ermöglichen: Nous aussi, nous sommes vos compatriotes! Unterstützung fand die Gruppe sofort von Gleichgesinnten östlich des Röstigrabens. Die lokalen Behörden führten das Anliegen jedoch zunächst in dornenvolle Sackgassen der Bewilligungspraxis. Dann offerierten sie Umwege und Nebenstrassen und fanden für jedes vorgeschlagene Datum einen Grund zur Ablehnung. Es war entmutigend, aber die Aktivisten blieben hartnäckig. Fast in letzter Minute gelang schliesslich der Kompromiss auf eine annehmbare Route und den 4. Juli, gerade noch knapp vor den Sommerferien. Diese Geschichte ist heute amüsant zu lesen. Sie zeigt auch, was Väter und Vorväter der Schwulenbefreiung leisteten. Der Lausanner CSD von 1981 wurde schliesslich zum frohen Festtag mit 1000 Umzug-Teilnehmenden aus der ganzen Schweiz, denn das Hickhack hatte letztendlich als gute Propaganda gewirkt und viel Solidarität geschaffen. Am Rande gab's auch Zaungäste mit bösen Sprüchen, Gaffer hinter Vorhängen und eine Rock-Band, die heftig provozierte.

Details zu den ersten CSDs in der Schweiz: Bern, Basel, Lausanne

50 Jahre Stonewall mit Erinnerungen von Ernst Ostertag auf SRF Glanz&Gloria

  

Neuerungen auf schwulengeschichte.ch

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