Der Basler Couturier von Weltrang

"Dass der Couturier von Weltrang Basel treu blieb, erklärt sich durch seine oft erwähnte Liebe zur Geburtsstadt. Er habe sich sicher gefühlt hier, liest man in seinen Memoiren. 'Wenn der Basler mal jemanden akzeptiert, dann steht er hinter ihm', habe Fred immer und immer wieder betont.


In den letzten Jahren verliess er Basel bezeichnenderweise nicht mehr. Er blieb meist in seiner konsequent in rot gehaltenen Wohnung, die mit immer geschlossenen Läden und nach innen verspiegelten Scheiben einen abgeschlossenen Kosmos bildete. In dieser 'Höhle', die eine gewaltige Stimmung auf die Besucher übertrug, pflegte er zwischen 14 Uhr und 5 Uhr morgens schöpferisch zu arbeiten, fern von Lärm und Ablenkung und doch mitten in der Stadt.


In diesen vertrauten Räumlichkeiten entledigte er sich auch seiner Anstoss erregenden Aufmachung. Zog Brille, Perücke und Schmuck aus und zeigte sein anderes Ich den engen Freunden. Es sei falsch, seine Verkleidung als Rüstung in einer potentiell feindlichen Umwelt zu interpretieren, warnte –minu. Vielmehr genoss Freddy die Maskerade, er liebte es, eine Rolle zu spielen, in der seine Persönlichkeit immer noch klar erkennbar war. […]


Freddy Spillmann hat vieles vorausgenommen, nicht nur, was Mode und Exzentrik betrifft. […] Er bewirkte, dass es das Schwulsein öffentlich überhaupt gab, unbenannt zwar, aber nicht wegzudenken. Und er bemühte sich. Ratsuchenden weiterzuhelfen – er war eine schwule Bezugsperson in der Stadt. […] Er hat durch seinen Mut und seine Persönlichkeit eine Grundlage gelegt, auf die aufgebaut werden konnte. Er stand da, und mit ihm musste das Schwulsein zur Kenntnis genommen werden. […] 


Der im Fischzeichen geborene Fred Spillmann, der den Fisch auch im Aszendenten hatte, erklärte einmal einem Freund: 'Leute wie du und ich sind Jokerkarten – wir sind überall dabei, können überall eingesetzt werden. Sei's für einen König, sei's für einen falschen Sechser – aber wir sind nur Joker. Das müssen wir uns stets bewusst sein.' 1"

Ernst Ostertag, Januar 2020

Quellenverweise
1

Fred Spillmann, Memoiren, Basel 1986, S. 64.

Auszug aus: Balthasar Staehelin: Fred Spillmanns Spielraum, in: Männergeschichten, Verlag Basler Zeitung, 1988.