1895-1976
René Hubert: Unser Mann in Hollywood
Der Ostschweizer "Kreateur" René Hubert verantwortete die Kostüme für rund 180 Spielfilme, zahlreiche Musicals und Revuen. Er wirkte als Modeschöpfer, Textildesigner und Innenarchitekt. Zweimal wurde er für den Oscar nominiert.
Paris im Herbst 1924. Gloria Swanson weilt in der Stadt, um sich für die Dreharbeiten des Films "Madame Sans-Gênes" vorzubereiten. Die damals 25-jährige Stummfilmschauspielerin befindet sich auf dem Höhepunkt ihres Ruhms1. Geschäftstüchtig, wie sie war, hatte sie sich für ihre Rollen immer mehr Mitspracherechte erkämpft und durchgesetzt, dass der Film an den Originalschauplätzen in Paris gedreht wird – als erste amerikanisch-französische Co-Produktion der Filmgeschichte. "Madame Sans-Gênes" erzählt den gesellschaftlichen Aufstieg einer Elsässer Wäscherin bis in den Dunstkreis von Napoleon Bonaparte2.
Besonderen Wert legt Gloria Swanson (1896-1983) auf die Gestaltung der Garderoben. Sie weiss um die Bedeutung von Kostümen, wenn es darum geht, in den Filmszenen eine besondere Atmosphäre zu schaffen und Zeitgeschehen begreiflich zu machen. Als ihr der Regisseur des Films, der Franzose Léonce Perret, den 29-jährigen Schweizer Kostümbildner René Hubert vorstellt, war sie von dessen Skizzen auf Anhieb begeistert. "Für die beliebteste Figur eines weiblichen Emporkömmlings der französischen Literatur hatte er die absolut perfekte Garderobe entworfen", schreibt die Swanson 1980 in ihrer Autobiografie3:
"In jedem seiner Designs unterstrich er den Charakter der Sans-Gênes in der zärtlichsten und fesselndsten Weise."
Christian Wapp, September 2020
Danksagung
Wir danken Rolf Ramseier, Autographs, und Andres Janser, Design-, Architektur- und Filmhistoriker, für ihre grosszügige Unterstützung unserer Recherchen. Rolf Ramseier ist seit 1997 im Besitz des Nachlasses von René Hubert. Andres Janser ist verantwortlicher Kurator der Ausstellung "René Hubert - Kleider machen Stars" im Museum für Gestaltung Zürich.
Bitte um Mithilfe
Falls jemand, der dieses Porträt liest, René Hubert alias René Eugen Huber persönlich gekannt hat, etwas über ihn zu erzählen weiss oder zu verifizieren hat, dann würden wir uns freuen, wenn er oder sie mit uns Kontakt aufnehmen würde: redaktion-at-schwulengeschichte.ch
Quellenverwiese
- 1
Gloria Swanson gehört neben Mary Pickford, Lilian Gish und Pola Negri zu den beliebtesten weiblichen Stummfilmstars der Filmgeschichte. Mitte der 1920er-Jahre verdiente sie wöchentlich 7000 Dollar, 52mal pro Jahr: ein damals horrender Betrag. Das würde nach heutigem Wert ein Jahressalär von 5'200'000 US-Dollar ergeben. Als 1926 ihr Vertrag mit Paramount auslief, bot man ihr eine Million Dollar Gage pro Jahr an, nach heutigem Wert ca. 14,3 Millionen. Sie lehnte ab, beteiligte sich bei den United Artists und produzierte fortan ihre Filme selber.
- 2
"Madame Sans-Gênes" basiert auf einem Theaterstück von Victorien Sardou und Emile Moreau. Der Film war ein Herzensprojekt von Gloria Swanson; sie hatte sich persönlich um die Filmrechte bemüht. Premiere war im März 1925; der Film wurde zu einem grossen Erfolg, heute gilt er als verschollen. Die Swanson hat mehrmals betont, dass dies der liebste ihrer Filme sei.
- 3
"Swanson on Swanson", Autobiografie, Random House, New York, 1980. Nur noch antiquarisch erhältlich.