Warum Bestrafung?
Warum wird Homosexualität in vielen Staaten bestraft?
Die meisten dieser Nationen wurden und werden geprägt:
- Entweder durch eine religiöse Doktrin oder eine politische Ideologie, oft verbunden mit einer herrschenden Oberschicht oder einer Diktatur. Die Mehrheit der Bevölkerung hat keine entwickelte Vorstellung von individueller Freiheit.
- Oder von Denkmustern und Gesetzen der ehemaligen Kolonialherren, deren Grundhaltung durch moralische und gesellschaftliche Vorstellungen des 19. Jahrhunderts bestimmt war und als kultiviert und überlegen präsentiert wurde, um sich gegenüber der "Primitivität" der beherrschten Völker abzuheben. Dies einerseits zum Zweck erleichterter Ausbeutung und anderseits, um das Missionieren als Entwicklungsangebot (Befreiung aus dem "Aberglauben") einzuführen. Damit konnte vieles kaschiert, oft aber auch echte Hilfe geleistet werden. Nie jedoch gegenüber homosexuellen Stammes- oder Volksgenossen. Klassische Beispiele dafür sind Staaten in Südostasien (etwa Indien und Sri Lanka), Südamerika (nicht nur Mexiko und Peru) und vor allem Afrika, wo zusätzlich das Trauma der rücksichtslosen Jagd nach "Sklaven" und des damit verbundenen Menschenhandels hinzukam.
All das zerstörte die ursprünglichen Traditionen und Kulturen und lähmte eine eigenständige Weiterentwicklung. Vorher praktizierte Formen des Einbindens von gleichgeschlechtlich empfindenden Stammes- oder Familienangehörigen wurden von den Kolonisatoren und ihren Missionaren systematisch ausgemerzt. Viele der sogenannten Primitiv- oder Naturvölker hatten über Jahrhunderte bis Jahrtausende hinweg - besonders, wenn sie im Matriarchat lebten - diese Menschen integrierende Gesellschaftsformen geschaffen, was von den "Entdeckern" oder Eroberern vielfach bezeugt wurde und heute noch in erhalten gebliebenen schamanistisch-animistischen Stämmen zu beobachten ist.
Bereits in der Zeitschrift Studium Generale (Springer-Verlag, Berlin, Heft 6/1966) erschien ein Artikel von F. Hermann: "Institutionelle Homosexualität", welchen der Herausgeber der Monatsschrift Der Kreis, Karl Meier, in seinem Heft 9/1966 kommentierte:
"In dieser Arbeit sind eine Fülle von Beispielen aus der Welt der Naturvölker zusammengefasst; sie beweisen eklatant, dass Homosexualität keine Dekadenzerscheinung der modernen Zeit ist, sondern ihren Grund in der Wesensart des Menschen hat und von ihr aus die Verhaltensweise bestimmt, die bis tief in die religiösen Vorstellungen auch der Naturvölker greift."
Seither haben zahllose Studien und Publikationen diese Befunde bestätigt und aufgrund neuer Forschungen sind die damaligen Erkenntnisse wesentlich erweitert worden.
Ernst Ostertag, Oktober 2004