Überblick
Mit der Diskussion um ein gesamtschweizerisches Strafgesetz (StGB) - der Entscheid, ein solches zu schaffen fiel in der Volksabstimmung 1898 - ging auch der juristisch richtige Ansatz einher, dass (homo)sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht der Einmischung des Staates bedürfen. Dieser Einsicht zum Durchbruch zu verhelfen, war bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein Hauptanliegen homosexueller Einzelpersonen. Die Arbeit daran und das Vorbild deutscher Gruppierungen führten zu ähnlichen Freundeskreisen in der Schweiz. Nach der offenen Diskussion ab 1918, als der Bundesrat seinen Entwurf präsentierte, kam es zu ersten grösseren schweizerischen Vereinigungen.
In den hier folgenden beiden Unterkapiteln beginnen wir mit der Gesetzgebung, um danach zur Bildung von Gruppierungen zu kommen. In Wirklichkeit verlief beides parallel.
Die später folgenden, eigentlichen Texte mit ihren diversen Kapiteln schildern zunächst die Geschichte der ersten Gruppierungen. Denn diese ergibt sich nahtlos aus den (vorangegangenen) Kapiteln über Magnus Hirschfeld und sein Wissenschaftlich-humanitäres Komitee wie über Adolf Brand und den Schweizer Mitarbeiter Karl Meier, welcher ab 1934 zum führenden Kopf der Bewegung in unserem Land wurde.
Die Schaffung des StGB, also die Geschichte der Gesetzgebung folgt danach in einem Abschnitt von mehreren Kapiteln, den wir dort in die Schilderung der schweizerischen Gruppierungen einfügen, wo das Wissen um diesen Gesetzesprozess besonders wichtig ist.
Die letzten Kapitel unter dem Titel "Freundschafts-Banner 1933-1937" behandeln die Schaffung und Entwicklung dieser ersten Organisation von schweizerischen Homosexuellen mit einer eigenen Zeitschrift.
Ernst Ostertag, September 2010