1929

Prof. Hafters Vorschlag

Der klar und unmissverständlich formulierte Aufsatz des Strafrechtsprofessors Ernst Hafter (ein Thurgauer mit Professur an der Zürcher Universität) folgte dem Gedanken, Morallehren irgendwelcher Art könnten wohl Basis ethischen Handelns sein, dürften aber nie die Gesetzgebung bestimmen. Der Titel seines Aufsatzes lautete "Homosexualität und Strafgesetzgeber" (Quellenangabe siehe Aufsatz).

Hafters Haltung zu Homosexualität und Gesetzgebung war geleitet von der Überzeugung, dass eine Bestrafung homosexueller Akte wirkungslos ist. Darin bestätigt wurde er durch eine Umfrage unter Homosexuellen, die 86 Lebensbilder anhand eines Fragebogens umfasste, welche ihn - anonymisiert - erreicht hatten.

Wie eine solche Aktion unter offensichtlich organisierten Betroffenen zustande kam und wer sie im genau richtigen Moment durchführte und Ernst Hafter zuspielte, darüber bestehen keine gesicherten Daten, wohl aber nebst wenigen Hinweisen ein paar begründete Vermutungen.

Hafters Aufsatz trug im Sommer 1929 wesentlich zur Meinungsbildung unter Politikern bei und war mitverantwortlich für das positive Abstimmungsergebnis im Nationalrat. Ein Zitat daraus:

"Jedenfalls steht fest, dass die moderne Gesetzgebung den ausserehelichen Beischlaf an sich nicht mehr mit Strafe bedroht. Dann aber ist es ein Gebot der Konsequenz, auch die homosexuelle Betätigung, soweit qualifizierende Momente fehlen, straflos zu lassen."

Ernst Ostertag, August 2010