Putzmacher

Warum beginnt er zu schreiben?

1817 wurde in Aar­wan­gen (BE) der män­ner­lie­ben­de Lan­gen­tha­ler Advokat Franz Desgouttes öf­fent­lich hin­ge­rich­tet, zuerst stran­gu­liert, dann gerädert. Der Un­glück­li­che hatte sich derart in eine lei­den­schaft­li­che, hoff­nungs­lo­se Liebe ver­strickt, dass er seinen jungen Gehilfen und Ge­lieb­ten erstach, weil dieser ihn mit Frauen betrog.

Hössli war wohl der einzige Zeit­ge­nos­se, der die innere Qual und le­bens­lan­ge Ge­spal­ten­heit des unselig ge­trie­be­nen Des­gout­tes voll ermessen konnte. Das gab ihm den Anstoss, "dem Rätsel solchen Daseins" nach­zu­for­schen. Als Au­to­di­dakt besuchte er re­gel­mäs­sig Bi­blio­the­ken und Buch­hand­lun­gen in Glarus, Zürich und an­dern­orts, las sich durch Berge von Li­te­ra­tur und ar­bei­te­te 17 Jahre an seinem Werk.

Doch er hatte grosse Zweifel am schrift­stel­le­ri­schen Können und der nötigen sprach­li­chen Ge­wandt­heit, um den ge­wal­ti­gen Stoff klar ge­glie­dert und über­zeu­gend dar­stel­len zu können. Daher reiste er im Sommer 1819 nach Aarau zu Heinrich Zschokke (1771-1848), dem in ganz Europa be­kann­ten Schrift­stel­ler, Humanist und Auf­klä­rer. Ihn bat er, aus seinen Nach­for­schun­gen ein Buch zu machen. Darauf ver­öf­fent­lich­te Zschokke 1821 den Essay "Der Eros oder über die Liebe", in welchem wohl erstmals in der Schweiz gleich­ge­schlecht­li­che Liebe als Thema be­han­delt wurde. Al­ler­dings nicht im Sinne Hösslis. Zschokke blieb am Schluss bei den gängigen Vor­ur­tei­len. Hössli fühlte sich miss­ver­stan­den und begann nun selber das für ihn saure, mühsame Werk des Ordnens, Ge­stal­tens und der Nie­der­schrift.

Der erste von drei ge­plan­ten Bänden war 1836 zur Ver­öf­fent­li­chung bereit.

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Ernst Ostertag, Januar 2004

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Franz Desgouttes