1801-1877

Jakob Stutz

Der weit über seinen Lebenskreis und seine Zeit hinaus als Volksdichter und Schulreformer bekannte und verehrte Jakob Stutz war zugleich ein tragisches Opfer seiner homosexuellen Veranlagung, die er weder verstehen noch akzeptieren konnte. Es gelang ihm nicht, sie völlig zu unterdrücken. Sie brach immer wieder durch.

Wegen versuchter oder vollbrachter Unzucht verlor er mehrfach seine Schulmeister-Stelle, wurde aus dem Kanton Zürich verbannt, erlebte Erpressung, Gerichtsverfahren, Busse und Gefängnis. Er starb verarmt und - als alter, geächteter Mensch - vergessen.

Sein Werk hingegen, das epische Theaterstück "Der Brand von Uster", die Autobiografie "Siebenmal sieben Jahre aus meinem Leben" und zahlreiche Gedichte blieben über Generationen lebendig und damit auch sein Name, an den wir uns, Röbi Rapp und Ernst Ostertag, aus der eigenen Schulzeit um 1936 bis 1942 sehr wohl erinnern. Erst die neuen Schulbücher nach 1945 erschienen ohne Texte von ihm.

Mit der 200-Jahrfeier zum Geburtstag des Dichters besann man sich jedoch 2001 wieder auf Jakob Stutz und sein vielfältiges Wirken. Er erlebte eine Renaissance mit Lesungen, Neuauflagen und viel Interesse - auch für seine stets unterdrückte Seite.

Die Neuerungen, die Jakob Stutz für seine Schulkinder einführte, etwa Werken, Theateraufführungen, Unterricht an Musikinstrumenten, das Eröffnen von Schulsparkassen und Leihbibliotheken für Schüler, sie gehören teilweise noch zur heutigen Schule, auch wenn kaum jemand mehr weiss, auf wen sie zurückgehen.

Ernst Ostertag, September 2010