Minister in Kassel

Wenige Monate später wurde von Müller auf Veranlassung Napoleons als "directeur de l'instruction publique" Minister in Kassel, der Hauptstadt des neuen Königreichs Westfalen, dessen König ab Juli 1807 Napoleons Bruder Jérôme war. Die schwierigen Verhältnisse und zahllosen Intrigen des politischen Alltags am Hofe setzten Müller aber so sehr zu, dass er, menschlich und gesundheitlich gebrochen, bereits 1809 starb. Er stand im 58. Lebensjahr. Seine Schweizergeschichte war unvollendet (die fünf Bände reichten bis zu den Burgunderkriegen) und eine geplante Universalgeschichte blieb skizzierte Vision.

Trotzdem galt Müller bis zu seinem Tod als grösster Historiker Europas. Zu seiner Zeit war er wohl der bekannteste Schweizer. Er führte einen geradezu gigantischen Briefwechsel; im Nachlass fanden sich um die 30'000 Briefe. So verkehrte er unter anderem mit Alexander von Humboldt, Kronprinz Ludwig von Bayern, Voltaire, Herder, Fichte, Madame de Staël, Goethe, Wieland, Jean Paul, Erzherzog Johann von Österreich und sehr vielen anderen Gelehrten, Humanisten, Künstlern, Adeligen und Politikern, von denen er viele persönlich kannte.

Auch für Heinrich Hössli war Müller kein Unbekannter. In Hösslis Nachlass fanden sich handschriftliche Notizen über die

"herrschende Irridee der Männerliebe gegenüber, deren Fluch auch am Leben eines Johannes von Müller nagte".

Ernst Ostertag, Januar 2005