Der Ungeist marschiert
… Briefe aus Frankfurt
Gestapo-artige Vorgänge geschahen offiziell und in grosser Zahl bereits ein Jahr später (1950) in Frankfurt und anderen Orten in der neuen BRD. Abschnitte aus einem Brief von H.C. in Frankfurt1:
"Bisher sechs Selbstmorde …
… Die Verfolgungswelle der Homoeroten in Deutschland, speziell in F. hat beinahe groteske Formen angenommen. [...] Der einfache Mann auf der Strasse ist empört über dieses Vorgehen der Behörden. [...] Während einer Verhandlung hat die Presse laut ihren Unwillen ausgedrückt über die unglaubliche Beweisführung und Beurteilung seitens des Gerichtes. [...] Der Richter, der diese ganzen Sachen unter seiner Direktive hat, soll während der Nazizeit Kriegsgerichtsrat gewesen sein … [...] Die Prozesse laufen jetzt an. [...] Erwartet werden 200.
Verhaftungen am frühen Morgen und Hausdurchsuchungen sind an der Tagesordnung. [...] Es kommt immer mehr vor, dass Menschen, die es ermöglichen können, ins Ausland fliehen.
Ich möchte hoffen, dass Sie alle interessierten und verständnisvollen Menschen auf diese Zustände in Deutschland aufmerksam machen. Die Welt soll wissen, wozu man hier in diesem Land fähig ist."
Dazu ergänzte Karl Meier / Rolf:
"Von anderer, glaubwürdiger Seite erfahren wir, dass in den letzten Wochen in diesem Zusammenhang in F. mehrere - angeblich mindestens sechs - Selbstmorde zu verzeichnen waren. - Ein Erwachsener wird wegen Beziehungen zu einem Volljährigen und weil dieser ab und zu kleine Geschenke angenommen hat (!?!) zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt. [...]"
Das Thema wurde in der folgenden Dezembernummer nochmals unter dem Titel "Der Ungeist marschiert!" behandelt. Unter einem ersten Absatz zur Nachricht "Paragraph 175 wird nicht abgeändert", Mitteilung des Bundesjustizministeriums in Bonn, stand ein Aufruf desselben H.C. aus Frankfurt am Main.2
Ernst Ostertag, März 2005
Weiterführende Links intern
Quellenverweise
- 1
Der Kreis, Nr. 11/1950, Umschlag
- 2
Der Kreis, Nr. 12/1950, Seite 36