Anfänge

Mattachine Society

Im Frühjahr 1951 entstand in Los Angeles eine Vereinigung von mehrheitlich Homosexuellen, die sich Mattachine Society nannte. Den Anstoss dafür gab Harry Hay, der, wie ein grosser Teil der damaligen US Gesellschaft, vom ersten Teil des Kinsey-Reports 1948 und dessen Auswirkungen bewegt war. Das spornte ihn an - und bald nannte man ihn den kleinen "Magnus Hirschfeld Amerikas".

Manfred Herzer erwähnte diesen Ausdruck und zitierte Harry Hay aus einem Interview, in dem dieser den sonderbaren Namen seiner Society erklärte1. Danach stamme die Bezeichnung aus Frankreich, wo es im Spätmittelalter geheime Bruderschaften unverheirateter Männer gegeben habe, die bei gewissen Frühlingsfesten als maskierte Tänzer aufgetreten seien. Eine dieser Bruderschaften hatte sich den Namen Société Mattachine gegeben. Sie hätten nun bewusst diesen Namen übernommen, weil die Situation einer Vereinigung Homosexueller in den USA dieselbe sei: geheim und in der Öffentlichkeit hinter Masken der "Normalität" verborgen.

Im Januar 1953 schuf ein Diskussionskreis von zumeist Mitgliedern der Mattachine Society in Los Angeles eine erste (number one) amerikanische Monatsschrift (später vier Mal jährlich), die den Namen ONE Magazine trug. Der Name soll aber auf ein Zitat von Thomas Carlyle zurückgehen:

"Die mystischen Bande der Bruderschaft machen alle Menschen eins [= one]",

wie William J. Drummond in Club68, berichtete2. Sie erreichte rasch eine Auflage von 5'000 Exemplaren, worauf eine neue Organisation entstand, "ONE, Incorporated", die es noch heute gibt, unter anderem als ONE National Gay & Lesbian Archives.

Die Mattachine Society brach 1953 auseinander, etablierte sich ein Jahr später, nach anderen Quellen 1957, wieder in San Francisco und existierte bis gegen Ende der 60er Jahre. Von 1955 bis 1965 gab sie die "Mattachine Review" heraus. Beide Organisationen verstanden sich nicht als Konkurrenten; häufig arbeiteten sie zusammen.

ONE wurde im Oktober 1954 indiziert:

"The US Postal Office decided that ONE magazine was obscene and therefore could not be distributed through the mail."

Eine der Begründungen war, dass Beziehungen bestünden zu

"a Swiss publication The Circle that gives information 'for the obtaining of obscene matter'."3

Ernst Ostertag, März 2005

Quellenverweise
1

Manfred Herzer: 100 Jahre Schwulenbewegung, Ausstellungskatalog, Berlin 1997, Seite 221

2

Club68, Nr. 7/8, 1969, Seite 6

3

Michelle Baker & Stephen Tropiano: Queer Facts, The Greatest Gay & Lesbian Trivia Book Ever …, Sancturay Press, UK, 2005, Seite 129