1948-1967

Maskenbälle

... auch eine Gelegenheit zur Travestie

Karl Meier / Rolf sah die Abonnenten seiner kulturell ausgerichteten Zeitschrift nicht nur als Leser. Er wollte, dass sie die Isolation des Vereinzelten aufbrechen und zu einem lebendigen Kreis von Gleichgesinnten würden. Er selber war ein geselliger Mensch, der gerne tanzte, sich verkleidete und festliche Zusammenkünfte organisierte. Als Schauspieler hatte er viele Ideen zur Gestaltung solcher Anlässe.

In jedem von uns steckt ein gewisser Hang oder Trieb zur Verwandlung und zum Ausleben der im Alltag verborgenen und verdrängten Seiten, seien das komödiantische, satirische oder - besonders ausgeprägt - feminine. Das sollte für einmal hervortreten und existieren dürfen, selbst in krass übertriebener Form. Für Travestie konnten sämtliche Grenzen fallen.

Die närrische Fastnachtszeit bot den richtigen Rahmen. Also versuchte man nur drei Jahre nach dem Krieg einen ersten Maskenball zu inszenieren. Er wurde zum Grosserfolg, aus dem eine nur kurz unterbrochene Tradition bis über die Jahre des KREIS hinaus entstand. Maskenbälle waren auch nach Verlust des Lokals in kleinerem Rahmen durchführbar, eine Bühne brauchte man dazu nicht.

Und natürlich gab es Preise für originellste Einzelmasken sowie für Paare oder ganze Gruppen. Auch Fotografen waren stets dabei. Viele wollten ihre Kostümierung im Bild verewigt wissen.

In Zürich feierte man unter Aufsicht. Generell mussten bei allen grösseren Tanzanlässsen Beamte der Sittenpolizei anwesend sein. Das war Gesetz und galt auch für den KREIS, bei ihm aber auf ganz besondere Weise. Denn der Dienst im KREIS war leicht und amüsant. Nie gab es Schlägereien, nie Betrunkene, dafür viel Sehenswertes. Die (heterosexuellen) Sittenwächter in Zivil rissen sich um diesen Einsatz.

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Ernst Ostertag, August 2012