Britische Autoren

Sogar Graham Greene schrieb für den Kreis

Rasch wurde Rudolf Jung / Rudolf Burkhardt zum Vertrauten von Karl Meier / Rolf und Eugen Laubacher / Charles Welti. Dieser hatte seine anfängliche Zurückhaltung abgelegt, schätzte nun den unermüdlichen Schaffer sehr und unterstützte ihn finanziell, sodass ihm seine bescheidene Lebensführung gewährleistet blieb.

Rudolfs Arbeitspensum stieg gewaltig. Er konnte halbe Nächte hindurch im Büro verbringen, um dann den kurzen Weg ins Zimmer bei Thomas Wetzel / Tom zu gehen. Tom zog dort übrigens bald aus und Rudolf blieb als Nachmieter, weil er sich nun den Zins für die kleine Wohnung leisten konnte.

Erich Lifka (1924-2007), österreichischer Abonnent, Lyriker und Autor mit etlichen Beiträgen im Kreis, schilderte in seiner Würdigung Rudolf Jungs1 unter anderem das Büro und weitere Details von seinen Begegnungen mit Rudolf:

"Oft werkte er bis spät in die Nacht in der Dachkammer. [...] Sein Schreibtisch stand Rolf gegenüber und beide klapperten mit ihren Maschinen um die Wette. Rudolf musste ja nicht nur schreiben und übersetzen, er führte auch die Korrespondenz mit den Abonnenten. [...]

Um seinen Schreibtisch heftete er sich Bilder von nackten Männern an die Wand, die ihm keineswegs immer fremd waren. Er zeigte mir seinen Berliner Adoptivsohn und einen jungen italienischen Soldaten, über den er sogar im Kreis geschrieben hatte. Rolf mochte diese 'Galerie' nicht. [...]

Er beherrschte Englisch wie seine Muttersprache und schrieb darin so manche Geschichte unter Pseudonym. [...] Sein Stil verriet ihn aber trotz aller Pseudonyme. Schrullig, wie er war, bestand er auf Wörtern wie 'Cravatte' und 'Cigarette' und wunderte sich dann, wenn man ihm ein neues Pseudonym auf den Kopf zusagte. [...]

Mit seinem Hinzukommen erlebte der Kreis einen gewaltigen Aufschwung. Rudolf brachte [...] aus England prominente Autoren, die mit Geschichten und grossen Novellen den englischen Teil des Magazins buchstäblich weltweit bekannt machten.

Wer einzelne dieser Autoren waren, wusste ich lange nicht. Rudolf schwieg eisern und gab keinen Namen preis. [...] Einmal fragte ich ihn [...] nach 'Frank Whitfeld'. Ich verdächtigte ihn, selbst unter diesem Namen zu schreiben. Er [...] sagte: 'Wunderschön, dieses frische junge Grün im Frühling. [...]' Ich sah ihn verständnislos an. 'Grün', wiederholte er, 'Green!'. Jetzt ging mir ein Licht auf: 'Whitfeld ist Graham Greene!' [...] 'Das hast aber DU gesagt', meinte er. Der junge Helfer, der täglich das Postfach auszuräumen hatte, bestätigte mir dann, dass er Briefe von Graham Greene und Robin Maugham, einem anderen berühmten Verfasser, zu Rudolf brachte.

Weitere Namen hat Rudolf mit ins Grab genommen. Es steht aber fest, dass noch andere bekannte Autoren - stets ohne Entgelt - für ihn schrieben."

Ernst Ostertag, Januar 2005

Weiterführende Links intern

Graham Greene, Englische Kurzgeschichten

Quellenverweise
1

Joachim S. Hohmann, Hrsg.: Der Kreis, Erzählungen und Fotos, Erich Lifka: " Rudolf Jung / Burkhardt, sein Leben und Werk", Foerster Verlag, 1980, Seite 261 ff