1963

Angeschossen

... eine Petition gegen Theodor Bovet

Theodor Bovet wurde sehr schnell auf perfide Weise angeschossen, wie der Kreis im Oktober 1963 ausführlich berichtete1. Dies durch eine Petition, die in vielen Zeitungen veröffentlicht wurde und den Rücktritt Bovets als Referent zu "Ehe und Ehelosigkeit" am Deutschschweizerischen evangelischen Kirchentag forderte. Dieser Kirchentag fand vom 4. bis 6. Oktober 1963 in Basel statt.

Die Petition richtete sich an den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK). Sie stammte aus Kreisen der "Moralischen Aufrüstung" (MRA), einer internationalen militanten evangelikal-puritanischen Organisation mit Sitz in Caux sur Montreux, Kanton Waadt. Gegründet wurde die MRA 1938 durch den "selbst homosexuellen amerikanischen Theologen" Frank Buchman2.

Die Petition wurde damit begründet,

"dass Dr. Bovet sich in seinen jüngsten Veröffentlichungen und Vorträgen zum Sprecher der sogenannten 'neuen Moral' gemacht hat, indem er behauptet, 'dass Homosexualität nicht einfach als Sünde taxiert werden kann, sowenig wie ausserehelicher Geschlechtsverkehr unter Ledigen', des weiteren anregt, 'sogar eine Eheberatung für homophile Ehepartner zu schaffen' und endlich den Rat gibt, die in dieser Weise Versuchten in der Gefahrenzone, d.h. 'als Friseur, Koch, Kellner, Schneider, Masseur, Krankenpfleger, Schauspieler, Tänzer, Lehrer, Jugendführer, Instruktor, Psychologe und Seelsorger' zu beschäftigen.

Wir fragen die Eltern und Behörden unseres Landes, ob es ihnen gleichgültig ist, wenn unsere Jugend von Lehrern, Pfarrern und Offizieren erzogen wird, die homosexuell oder zügellos leben. Es ist Aufgabe der Kirche, sowohl der Laien wie der Theologen, hier Einhalt zu gebieten und daran festzuhalten, dass in Christus Sieg über jede Sünde gegeben ist. Wir verlangen deshalb, dass Dr. Bovet die Gelegenheit entzogen wird, als anerkannter Lehrer der Kirche in diesen Fragen aufzutreten. [...]"

Die Petition, unterschrieben von zwei der MRA nahestehenden Basler Pfarrern, Alfred Kunz und Reinhard Kuster, war von 89 weiteren Personen aus allen Teilen der Schweiz unterzeichnet. Sie hatte aber keinen Einfluss auf den Kirchentag. Dr. Bovet konnte sein Referat halten, wie im Programm vorgesehen.

Ernst Ostertag, März 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 10/1963, Seite 2 bis 6

2

Paul Strahm: Männergeschichten, Basel 1988, "Der 'Fall Bovet' ", Seite 219 ff