1884-1977

Mary Lang

… und ihr ex­klu­si­ves Konzept einer reinen Her­ren­bar

Geführt wurde die kleine Bar am oberen Ende der Au­gus­ti­ner­gas­se Nummer 14 von der le­gen­dä­ren Maria Lang (1884-1977).

Mary, wie sie sich immer nannte, kam aus dem lu­zer­ni­schen Hitz­kirch und hatte lange Zeit als Maî­tres­se d'hôtel im Grill-Room des Hotels Baur au Lac gewirkt, also an erster Zürcher Adresse. Für die eigene Bar, die sie um 1935/​1936 übernahm, ent­wi­ckel­te sie das Konzept einer reinen Her­ren­bar im Sinn einer typisch an­gel­säch­si­schen Tra­di­ti­on. Es war das einzige Lokal dieser Art in Zürich.

Nach For­schun­gen, die Beat Frisch­knecht 2011 un­ter­nahm, ist die Bar al­ler­dings bereits 1931 eröffnet worden durch den Bar­kee­per und Wirt Hans Fopp, der im März 1936 mit seiner Frau nach Davos-Dorf zog, um das Sport-Hotel Parsenn zu über­neh­men, das noch heute von seinen Nach­kom­men geleitet wird.

In der Buch­rei­he "Was nicht im 'Ba­ede­ker' steht" (Piper-Verlag, München) ist 1932 der Band "Das Buch von der Schweiz - Ost und Süd" er­schie­nen mit einem Kapitel über bekannte Zürcher Lo­ka­li­tä­ten. Darin heisst es unter anderem:

"Übrigens besitzt Zürich als erste Stadt Europas ein echt ame­ri­ka­ni­sches Speak-easy. Hans Fopp's 'Old Timer's Saloon' hinter der Au­gus­ti­ner­kir­che. Es ist kein öf­fent­li­ches Re­stau­rant, manchmal geht es darin ziemlich über­see­isch zu, Damen sind je­den­falls nicht er­wünscht."

Offenbar hat Mary Lang ein be­ste­hen­des Konzept über­nom­men und dieses mit der Änderung des Namens in "Mary's Old Timers Bar" weiter aus­ge­baut. Sie führte ein strenges Regime. Nie­man­den liess sie ein, den sie nicht kannte oder der nicht von einem ihrer Stamm­gäs­te ein­ge­führt wurde. Stricher hatten keine Chance.

Die Bar er­reich­te man, wie das heute am selben Ort be­ste­hen­de La­den­lo­kal auch, über eine kurze Treppe zur Haustüre, die leicht zu öffnen war. Dahinter stand man in einem Korridor. Die Türe rechts führte zu Mary's Wohn­zim­mer, jene links zur Bar. Wer den Klin­gel­knopf, mit "Bar" an­ge­schrie­ben, drückte, wurde durch einen Spion be­gut­ach­tet. Dann war ein Klicken zu hören, die Tür gab nach - oder man hörte nichts und sie blieb hart­nä­ckig ver­schlos­sen auch nach mehr­ma­li­gem Klingeln. Stamm­gäs­te kannten den Trick: festes Drücken und Klingeln gleich­zei­tig ver­schaff­te Einlass. Doch mit dem Klingeln war man an­ge­mel­det und alle im Raum mus­ter­ten den Neuling.

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Ernst Ostertag, Juni 2006