1967

Ende des KREIS

Wir müssen einen Ort schaffen, an dem wir sicher unter uns sein können.

Wir müssen ein Organ schaffen, in dem wir unsere Art zu leben beschreiben und anderen mitteilen können.

Wir müssen einen Bund schaffen, um uns gegenseitig zu stützen und um nach aussen zu wirken.

Wir müssen auf die Gesellschaft Einfluss nehmen, damit sie ihre homosexuellen Mitbürger zu akzeptieren beginnt.

Diese vier Grundsätze galten bereits um 1920 als die hauptsächlichsten Nah- und Fernziele der starken Gruppierungen Deutschlands. Sie wurden auch von den ersten schweizerischen Gruppen übernommen und blieben erst recht wichtig, als 1933 der Nationalsozialismus alle deutschen Organisationen zerschlug. Bald war es nur noch in der Schweiz möglich, diesen Zielen nachzuleben. Das taten der Schweizerische Freundschafts-Verband und die Schweizerische Liga für Menschenrechte. Ab 1943 tat es der KREIS bis zu seinem Ende und nach 1967 folgten die neuen Organisationen mit ihren Zeitschriften bis heute. Die Grundsätze und Ziele blieben stets dieselben, nur ihre Gewichtung änderte.

Primär ging es darum, Kameraden aus der Isolation zu helfen und jenen Raum zu schaffen, in dem unsere Seinsart unverborgen gelebt werden und Ausdruck finden konnte. Dies gelang dem KREIS hervorragend und blieb jenen unauslöschlich in Erinnerung, die daran Teil hatten. Andererseits, und das lag an den leitenden Persönlichkeiten und ihren Lebensumständen, gab es kaum direktes emanzipatorisches Wirken. Man war und blieb ein Zirkel - mit vielen Ausstrahlungen in die weltweit verzweigte "Familie", aber selten über sie hinaus.

Die Repressionsjahre stellten all das radikal in Frage und löschten die Flamme, unser Signet. Was blieb, war ein zaghaftes, aber zähes Weiterglimmen, das dann in den 70er Jahren neu aufloderte und zu vielen grossen und kleinen Feuern wurde. Etwas vom KREIS leuchtet und lebt in jedem von ihnen.

Vorerst wird nun vom Ende des KREIS und seiner Zeitschrift berichtet. Wir (Röbi Rapp und Ernst Ostertag) waren Zeitzeugen und verwenden teilweise persönliche Dokumente und Erinnerungen.

Ernst Ostertag, Dezember 2005 und März 2011

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