1985
AHS-Pressekonferenz
Mit dem bekannten Fernsehmoderator André Ratti als Präsident der Aids-Hilfe Schweiz (AHS) gelingt der grosse Coup an der Pressekonferenz wie geplant. Er ist der erste prominente Schwule, der sich öffentlich outet und zugleich als Aidskranker zu erkennen gibt.
Damit löst er eine enorme Welle von Sympathie aus. Seine Organisation AHS ist in aller Munde. Die Meistbetroffenen haben den Kampf gegen Aids aufgenommen, bevor Aids zur Epidemie für alle werden konnte. Die Schwulen haben das zusammen mit den Gesundheitsbehörden getan. Ein gutes und starkes Zeichen.
Genaue Tätigkeitsfelder und Ziele liegen in der Pressemappe vor und erreichen so die Bevölkerung.
In einem Interview schildert André Ratti klar und nüchtern seine Situation, wie er den ersten Ausbruch der Krankheit erlebt und was dieses Erleben bei ihm verändert hat, wie das Wissen "Du hast noch zwei, vielleicht drei Jahre" vieles relativierte und neues bewirkte. Etwa das völlig ehrliche, offene Kommunizieren.
Sofort wird die AHS tätig. Zusammen mit dem BAG (Bundesamt für Gesundheitswesen) gibt sie ein neu überarbeitetes Informations-Faltblatt heraus, das sich vor allem an Schwule richtet. Es will Fragen um den Aids-Test klären.
Mit der AHS-Pressekonferenz hat die Schwulenbewegung ihr Coming out vollzogen. Ein neuer und direkter Weg ins Bewusstsein der Gesellschaft ist offen. Das wirft die Frage nach dem Heute, der Aids-Situation ab 2010 auf. Was ist zu tun, damit wir Aids neu in den Griff bekommen und die Gesellschaft nicht gegen uns aufbringen?
Ernst Ostertag, September 2011
Weiterführende Links intern
Die folgenreichen Worte André Rattis vom 2. Juli 1985, Newsletter 67, Juli 2015