1984

Bericht eines Zeugen

Grosser Andrang: Verlegung

Sandro Huber von der HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich) verfasste einen 10-seitigen Bericht über den Verlauf des Informations-Abends. Er schrieb unmittelbar nach der Veranstaltung eine erste Version davon, die seine persönlichen Eindrücke und Empfindungen spiegelt. Diese Version fand sich in den Unterlagen, die Hanspeter Wichser (langjähriges Vorstandsmitglied der HAZ) aus seinem persönlichen Archiv zur Nutzung bereitstellte. Auf einer späteren Version stand der Vermerk von Sandro Huber:

"Ich habe den offenbar in Eile und sprachlich unsauber hingeworfenen Originaltext geglättet - möglichst ohne seine Unmittelbarkeit zu beschädigen; später erschien eine redigierte Version im Anderschume intern 1/1985 vom 9. Februar, S. 16-24."

Die drei Versionen vergleichend entschied ich mich für die erste, weil von heute her gesehen das "hingeworfene" Original - auch bei korrigierter Orthografie - am meisten Nähe schafft zur damaligen Situation. Sie wird in den folgenden Unterkapiteln unsere Hauptquelle bleiben. (Alle übrigen Quellen - auch zu den weiteren Kapiteln - befinden sich bei Hanspeter Wichser oder im Schwulenarchiv Schweiz, sas.)

Aus der ersten Version:

Der Abend

"wurde von der HAZ und der SOH zusammen mit der Medizinischen Poliklinik der Universität Zürich organisiert. Er war ausdrücklich Schwulen gewidmet. Die Information [...] erfolgte via Flugblatt in Saunen, Bars, Zabi [Club Zabriskie Point], Begegnungszentrum der HAZ [Sihlquai 67] und durch Mund-zu-Mund Propaganda. Es fand weder eine offizielle Ausschreibung, noch eine Publikation in einschlägiger oder anderer Presse statt. Der Referent wollte unbedingt vermeiden, dass Vertreter der Presse kommen und weitere AIDS-Schreckartikel publizieren könnten. Dieses Unterfangen ist gelungen.

Am Nachmittag wurde noch kurzfristig der Hörsaal gewechselt1. Gerüchte gingen um, dass viele Medizinstudenten auch kommen wollten. Schlussendlich waren aber nur vereinzelte zu sehen. Es war zudem gut, dass der Anlass in einen grösseren Hörsaal verlegt wurde. Die rund 400 Plätze waren bis auf den letzten besetzt und verschiedene Gäste mussten stehen oder auf der Treppe sitzen: fast alles bekannte Gesichter aus dem Zürcher Schwulenmilieu. Wurden die anderen, die 'versteckten' Schwulen nicht informiert? Oder hatten sie nicht den Mut, in den Hörsaal zu kommen? Frauen waren ungefähr zehn anwesend."

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Ernst Ostertag, September 2007

Anmerkungen
1

in den Hörsaal Nord, laut Erinnerungen von Zeitzeugen