1984

Referat

Auszug

Sandro Huber von der HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich) in seinem Bericht zum Verlauf des Informationsabends vom 13. Dezember 1984, Universität Zürich:

"Der Hauptreferent, Privat-Dozent Dr. Lüthy, ist Spezialist (Oberarzt) für Infektionskrankheiten an der Medizinischen Poliklinik (Universitätsspital Zürich). Er ist sicher einer derjenigen Leute, die im deutschsprachigen Raum am meisten über AIDS wissen. Sein Vortrag war klar und verständlich, und er engagierte sich dann sehr beim Beantworten der Fragen aus dem Publikum."

Nach genauen Informationen über den damaligen Wissensstand zum ganzen Komplex Aids erläuterte Lüthy, wie das Virus Wege nach Europa fand:

"Der erste Weg führt über die reisefreudigen Homosexuellen: Europäer, die in den USA waren, Amerikaner, die nach Europa kamen. Der zweite führt über schwarzafrikanische Flüchtlinge [sowohl männliche wie weibliche], Fremdarbeiter oder Studierende, die sich speziell in englisch- oder französischsprachigen Gebieten niedergelassen haben (auch in der Schweiz seien 10% der Erkrankten Frauen). Das Virus hat sich auch in Schwarzafrika weiterverbreitet. [...]

Mit einer Prostituierten in Äquatorialafrika Sex zu haben ist heute genau so gefährlich wie das Gleiche mit einem Mann in einer homosexuellen Sauna in New York. Das heisst auch, dass Aids wahrscheinlich noch über einen dritten Weg nach Europa importiert wird: über heterosexuelle Touristen, die sich in Afrika eine Sex-Tour leisten.

Die Zahlen zeigen [...] für die USA: 1981 0,002 Fälle auf 100'000 Einwohner. 1984 1,430 Fälle auf 100'000 Einwohner. Also gab es drei Jahre später 715 Mal mehr Aids-Kranke. Auch in Europa haben wir eine exponentielle Kurve (das heisst, dass immer mehr Leute in immer kürzeren Zeitabständen erkranken). Diese Kurve wird so weitergehen und erst knicken und wieder abnehmen, wenn man

  • ein wirksames Medikament gegen Aids finden wird
  • eine wirksame Schutzimpfung produzieren kann
  • Massnahmen ergreift, die die Ausbreitung von Aids bremsen.

Da es zur Erfüllung eines der ersten beiden Punkte wahrscheinlich noch einige Jahre dauern wird, müssen wir uns heute um die Erfüllung des dritten bemühen. Zu diesen Massnahmen beschränkt sich Dr. Lüthy auf einen einzigen Satz: 'Promiskuität ist gefährlich!' "

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Ernst Ostertag, September 2007