1988

Nicht-Diskriminierung

Auch zur Frage und Forderung der Nicht-Diskriminierung äusserte sich das Grundsatzpapier der Arbeitsgruppe (AG) "Schwule und Aids" vom 29. April 1988. Christian Schneeberger setzte den Titel "2.3. Gesellschaftliche Folgen" und führte dazu aus:

"Vor allem in diesem dritten Bereich dürften grosse Aufgaben auf eine AG 'Schwule und Aids' warten, sind doch die Homosexuellen - über den Kreis der HIV-Positiven und der Erkrankten hinaus - ganz besonders von Ausgrenzung und Diskriminierung bedroht.

So könnten insbesondere Massnahmen, die in bester Absicht zum Schutze von HIV-Positiven und von Erkrankten getroffen werden, zu neuen Ausgrenzungen führen: [...] Beim Abschluss von Versicherungen oder bei der Neueinstellung von Arbeitskräften den HIV-Test zu fordern, kann z.B. zur Ausgrenzung der Ledigen bestimmter Altersklassen oder von anderweitig Risikoverdächtigen führen (zumindest Gedankenspiele in dieser Richtung sollen in einzelnen Chefetagen bereits existieren).

Nebst einer genauen Beobachtung der weiteren Entwicklung wäre [...] die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren; zu prüfen wäre - nach amerikanischem Vorbild - die Formulierung und Propagierung einer Aids-Charta, in der sich Firmen und Institutionen (mit entsprechendem PR-Effekt) dazu verpflichten würden, auf ausgrenzende, diskriminierende Massnahmen zu verzichten.

Sinnvolle Arbeit ist genug da - obgenannte Vorschläge liessen sich leicht vermehren. Um all diese Problemkreise anzugehen, braucht es jedoch [...] Leute…

Deshalb der dringende Aufruf an alle Interessierten: Meldet Euch! [...]"

In seiner Ausgabe vom August 1988 brachte die Zeitschrift der SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen), das SOH-Info, den ganzen Text des Grundsatzpapiers samt Adresse und Telefonnummern von Christian Schneeberger. Marcel Ulmann schrieb dazu einführend:1

"[...] Die Arbeitsgruppen werden den Kurs der AHS (Aids-Hilfe Schweiz) bestimmen, und nicht mehr der Vorstand. Für uns ist es von ausschlaggebender Wichtigkeit, dass die neugegründete Arbeitsgruppe 'Schwule und Aids' auf möglichst viele kompetente Mitglieder zählen kann. Wir veröffentlichen deshalb im Inneren des Heftes einen Aufruf des Leiters, Christian Schneeberger. [...]"

Und Marcel Ulmann führte zusätzlich aus:2

"Es gilt nach wie vor, das bisher Erreichte zu bewahren, insbesondere die Rechte der Schwulen, und dort haben wir sicher mehr erreicht als die Bayern und Schweden.

[...] Die erste Versammlung [der neu konzipierten Arbeitsgruppe "Schwule und Aids"] hat bereits stattgefunden. [...] Die Gruppe trifft sich etwa einmal monatlich, und sie wird im Rahmen der neuen Struktur mehr Einfluss haben als früher. Sie kann aber ihre Ziele nur erreichen, wenn wir sie aktiv unterstützen - deshalb unser Aufruf."

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Ernst Ostertag, April 2008

Quellenverweise
1

SOH-Info, August 1988, Seiten 10 und 11: Grundsatzpapier; Seite 3: Einführung

2

SOH-Info, August 1988, Seite 9