1994

"Schwulen-Lobbyist"

Das aK Anderschume/Kontiki 1/1994 veröffentlichte ebenfalls ein Interview, das der leitende Redaktor, Hans Ineichen, mit Rolf Trechsel geführt hatte.1 In der Überschrift und den Anfangssätzen hiess es:

"Der erste professionelle Schwulen-Lobbyist.

Pink Cross [...] ist an einem ersten Ziel angelangt: Ab Ende Monat (Februar 1994) kümmert sich Rolf Trechsel im Auftrag von Pink Cross um unsere Anliegen. Das ist eine Premiere, denn bisher hat in der Schweiz noch nie ein Schwuler auf nationaler Ebene professionell - das heisst gegen Bezahlung - für Schwule Lobbyarbeit betrieben. [...]"

Aus dem Interview:

"aK: Die Schwulenbewegung hat in letzter Zeit Fortschritte erzielt. [...]

Rolf Trechsel: Es hat sich tatsächlich viel in eine gute Richtung entwickelt, [...]. Umgekehrt, wenn ich an Gespräche denke, wie zum Beispiel jenes von heute morgen… Da hat mir ein Schwuler seine Probleme geschildert, die er mit der Aufenthaltsbewilligung für seinen ausländischen Partner hat. Er fragte mich: 'Wann kann man in der Schweiz heiraten?' Wenn ich von solchen Sachen höre, erinnert mich das daran, dass wir noch viel zu tun haben. Wir werden zwar toleriert, aber noch nicht akzeptiert. Wir sind manchmal zu schnell zufrieden, wenn man uns nur persönlich in Ruhe lässt.

aK: Wo sind die hauptsächlichsten Negativpunkte der Situation von Schwulen in der Schweiz?

Rolf: Im rechtlichen Bereich sind es die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, die inexistent sind. Das hat damit zu tun, dass schwule Beziehungen - und lesbische auch - praktisch unsichtbar bleiben.

Wir treten kulturell kaum in Erscheinung. Es gibt nur ganz wenige Bücher, in denen schwule Beziehungen ganz selbstverständlich vorkommen. Deshalb ist es schwierig für junge Schwule, aber auch für ältere, sich mit diesem Lebensstil zu identifizieren - weil es keine Vorbilder gibt.

Was mich gegenwärtig besonders bedrückt, sind all die vielen Schwulen, die an Aids erkranken und sterben.

[...] aK: Was kann ein Schwuler konkret von Dir erwarten? Sagen wir, einer, der seine Wohnung verliert, weil er schwul ist?

Rolf: Ich kann ihm einen Anwalt vermitteln. Ich kann ihn unterstützen bei der Medienarbeit, wenn er in die Öffentlichkeit gehen will. Und ich könnte ihm Finanzen organisieren, wenn er einen Prozess führen will. Pink Cross ist aber nicht in erster Linie eine Beratungsstelle. [...]

aK: Wieso machen die Lesben nicht mit bei Pink Cross?

Rolf: Ich bedaure das sehr. Wir haben versucht, auch die Lesben mit einzubeziehen, aber es ist nicht gelungen. Ich hoffe, dass das später möglich ist. Ich finde es wichtig, dass wir in einzelnen Projekten zusammenarbeiten und so die Voraussetzungen schaffen, dass wir später Pink Cross erweitern können. [...]"

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Ernst Ostertag, Mai 2008 und Oktober 2011

Quellenverweise
1

aK Anderschume/Kontiki, Nr. 1/1994, Februar-März, Seite 31