Aids

... und die Folgen

In den frühen 80er Jahren begann Aids die Welt zu erschüttern. Die neue, tödliche Krankheit traf auf starke und selbstbewusste Organisationen. Zunächst aber bremste sie die Emanzipationsbemühungen. Erste Hinweise auf Aids brachten die Medien im Winter 1981/82. Ein Jahr später erschienen Schlagzeilen wie "Schwulenseuche" oder "Hexenjagd auf Aids-Kranke" und es wurden Forderungen nach Ausgrenzung laut. Das musste gestoppt werden, weil jede Form von Unterdrückung die Ausbreitung - im Untergrund - beschleunigt. Klare, sachliche Informationen waren dringend nötig.

Am 11. Februar 1984 kam es in Bern zur Gründung der "Schwulen Medizinmänner", die in Verbindung zum BAG (Bundesamt für Gesundheit) standen. Am 13. Dezember 1984 fand im Universitätsspital Zürich der erste Informationsabend über Aids statt, organisiert von SOH und HAZ zusammen mit der Medizinischen Poliklinik und dem Hauptreferenten Dr. med. Ruedi Lüthy - unter absolutem Ausschluss der Medien, damit Betroffene ihre Fragen frei stellen konnten.

Anfang 1985 beschlossen sämtliche HA-Gruppen zusammen mit der SOH, LOGE 70, VHELS, HuK und weiteren Gruppierungen, dass gemeinsam mit dem BAG eine nationale Aids-Hilfe zu schaffen sei. Nur so könne gesamtschweizerisch orientiert und organisiert werden.

Am 2. Juli war es soweit: An einer denkwürdigen Pressekonferenz stellte sich die eben gegründete AHS (Aids-Hilfe Schweiz) vor und ihr Präsident, ein bekannter Fernseh-Moderator, sagte, "Ich heisse André Ratti, ich bin schwul und habe Aids." Damit hatte Aids ein Gesicht erhalten, sein Gesicht. Eine Welle der Sympathie ging durch das Land. Ratti starb am 25. Oktober 1986.

Bereits im Juli 1985 wurde ein erster Faltprospekt der AHS verteilt. Darin ging es um Information, Hilfe, Eindämmung/Prävention mit Angabe von Zentren für anonyme Tests, detaillierte Auskünfte, medizinische Leistungen.

Im Frühjahr 1986 erschien eine ausführliche Aids-Broschüre, verfasst im Namen der AHS und des BAG, zugestellt an sämtliche Haushalte der Schweiz. Inhalt:

  • Aufklärung über den momentanen Wissensstand betreffend Aids
  • Prävention mit klaren Angaben/Anleitungen, wie man sich wirksam schützen kann 
  • Solidarität mit den Betroffenen und ihren Angehörigen

Dieses Wissen sollte ab jetzt zum normalen Allgemeingut werden. Nur so war die Gefahr einer Epidemie zu bannen.

Das "Schweizer Modell" der Zusammenarbeit von Homosexuellen mit den Behörden zur Aufklärung, Prävention und Solidarität, es war geboren und begann zu greifen.

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Ernst Ostertag, August 2007