Newsletter 17
Mai 2011
Diese Ausgabe enthält folgende Themen:
- Kolumne: Rosa von Praunheims Film
- Revision 1b: Teil 5 fertig
- Stiftung Kreatives Alter
- Werbung für schwulengeschichte.ch
"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt"
eos. Vor 40 Jahren beendete Rosa von Praunheim die Arbeit an einem Film mit diesem Titel. Es war sein erstes grosses Werk. Während der Berliner Filmfestspiele kam es im Sommer 1971 auf die Leinwand. Rosa war 29 Jahre alt.
Im selben Jahr begannen schwule Studenten in Europa Aktionsgruppen zu bilden. Ziel war die Befreiung, wie sie seit dem Stonewall-Aufstand (1969) als Gay Liberation von den US-Homosexuellen vorgelebt wurde.
In Zürich eröffneten ein paar schwule Studenten den "Zabriskie Point". Daraus entstanden 1972 die HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich).
Praunheims Titel traf den Kern und war Programm. Wo immer der Film gezeigt wurde, fanden sich Leute zusammen und diskutierten. Er liess niemanden kalt. Renommierte Zeitungen publizierten Berichte und Analysen - nicht des Films, sondern der Situation. Engagierte Schwule gruppierten sich, um diese Situation zu beenden. Man war bereit zu kämpfen, grundlegende Forderungen zu stellen und sie durchzusetzen.
Denn Praunheims Film thematisierte schonungslos die beiden Seiten der widernatürlichen Situation:
- Einesteils beleuchtete er in aufrüttelnden Bildern den nicht anders als pervers zu bezeichnenden Druck von Gesellschaft und Tradition auf einen wehrlosen und unschuldigen Teil der Bevölkerung.
- Andernteils zeigte er exemplarisch, wie dieser Druck zur Anpassung zwingt und damit die "brav" Angepassten an ihrer eigentlichen, normalen Entwicklung hindert und zu jenen Verkrüppelten macht, welche von Gesellschaft und Tradition als perverse Homosexuelle bezeichnet und ausgegrenzt werden. Ein Teufelskreis.
Veränderungen draussen in der Gesellschaft erreichen hiess also zunächst sich selbst als Homosexueller voll anerkennen lernen: Nenne dich Schwuler und sei stolz, schwul zu sein! Erst danach wirkst du auf die anderen überzeugend!
Die damals diskutierten Grundsätze und Einsichten und die damals geforderte Annahme seiner selbst sind auch heute noch brisant. Hier die spannende Lektüre: Rosa von Praunheims Film
(Anmerkung des Teams schwulengeschichte.ch: die Revision der Seiten von Teil 6 ist noch in Arbeit, darum hat die Seite über Rosa von Praunheims Film noch Überlänge)
Revision 1b
si. Mit Stand Ende April 2011 ist auch Teil 5 "Jahre der Repression" fertig und überarbeitet. Der Inhalt dieses Teils wurde in 130 übersichtliche Seiten zerschnitten. So entstanden aus den ursprünglich 21 langen Kapiteln sechsmal so viele Webpages.
Wir empfehlen darum einen erneuten gründlichen Blick auf Teil 5 - die Aussage von Ernst Ostertag ist jetzt viel klarer zu erkennen, auch seine Überlegungen im Vorfeld des "Aufbruchs" ab 1968 (so wird Teil 6 in Zukunft heissen).
Stiftung Kreatives Alter
eos. In der Schweiz gibt es eine Stiftung Kreatives Alter, die seit 1990 alle zwei Jahre ein Preisausschreiben lanciert, das sich an Menschen über 65 richtet. Das 11. dieser Preisausschreiben ist per 30. April 2011 als letztem Einsendetermin beendet worden.
Unter dem Bereich "Allgemeinverständliche Darstellungen eines Themas oder Themenkreises" haben wir die Website schwulengeschichte.ch eingereicht. Die beiden 1930 geborenen Autoren erfüllen die Bedingung.
Um die Arbeit der Jury etwas zu erleichtern, legten wir die Druckversion des Teils 2 "Weg zur Selbstbestimmung" vor und fügten aus Teil 4 "DER KREIS" die Lebensbilder der drei Redaktoren hinzu. Natürlich unter Hinweis, dass über diese Beispiele hinaus das gesamte Werk "Es geht um Liebe - Schwule in der Schweiz und ihre Geschichte" zu beurteilen sei.
Eine erste Nachricht über Preisgewinnerinnen oder Preisgewinner erfolgt im Sommer 2012; die Preisverleihung ist auf den Oktober 2012 angesagt.
Werbung für schwulengeschichte.ch
bs. Unser Lektor, Beat A. Stephan, verfasst für das Mannschaft-Magazin regelmässig Hinweise auf schwulengeschichte.ch. Es geht dabei unter anderem darum, Jugendlichen klarzumachen, dass sie in einer privilegierten Situation leben und dass ihre Rechte nicht selbstverständlich sind.
Jeden Monat greift unser Lektor eine Persönlichkeit heraus und stellt sie vor. In der Mai-Ausgabe geht es um den schwulen Bibelforscher Caspar Wirz - hier das PDF. In früheren Ausgaben stellte Beat Stephan dar, wie Schwule auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch diskriminiert wurden oder schilderte das Leben des Pioniers Heinrich Hössli. Auch Photograph "Jim" Karlheinz Weinberger war ein Thema in "Mannschaft". Weitere Infos und Abos: Mannschaft-Magazin