Newsletter 31

Juli 2012

Diese Ausgabe enthält folgendes Thema: 

  • 90 Jahre schwul-lesbische Befreiungsbewegung in der Schweiz

    

90 Jahre schwul-lesbische Befreiungsbewegung in der Schweiz!

eos. Es war ein Luzerner, der den Anstoss gab und am Wochenende vom 1./2. Juli 1922 in Luzern zum Präsidenten des ersten Zusammenschlusses von Homosexuellen in unserem Lande gewählt wurde. "Schweizer Freundschafts-Verein" hiess die Gruppierung. Nach drei Monaten gab sie sich den Namen "Schweizer Freundschaftsbund / Société amicale suisse". Die Mitglieder, auch Frauen, kamen aus fast allen Kantonen, inkl. Romandie.

Warum in der Zentralschweiz, im traditionell katholischen Luzern und nicht in anderen, liberaleren Orten? Das mochte daran liegen, dass hier besonders repressive Bedingungen den Leidensdruck ins Unerträgliche steigerten. Denn das 1906 geschaffene Luzerner Kriminalstrafgesetz war bezüglich Sexualverhalten das schärfste von allen übrigen Kantonen. Jede "unnatürliche Befriedigung des Geschlechtstriebes mit einem Menschen oder mit Tieren" war strafbar und wurde mit Zuchthaus bis zu fünf Jahre geahndet. Es betraf alle, auch Frauen und Minderjährige und entsprach völlig dem Diktat der damaligen sittlich-moralischen Vorstellungen.

Vor diesem Hintergrund ist die fast verzweifelt mutige Gründung einer Vereinigung von Homosexuellen zu sehen. Ihr leuchtendes Vorbild war der nur zwei Jahre zuvor entstandene Deutsche Freundschafts-Verband (DFV) mit Sitz in Berlin. Alle Mitglieder waren auch diesem Verband angeschlossen. Via DFV hatte man sich kennen gelernt, vom DFV erwartete man Unterstützung im langwierigen und gefahrvollen Kampf um die gemeinsame Sache. Ohne DFV hätte man den Mut zur eigenen Gründung nicht gehabt. Folgerichtig beschlossen die Mitglieder bei ihrem zweiten Luzerner-Treffen im Oktober 1922 den Beitritt zum DFV als "Landessektion Schweiz".

Der ursprüngliche Bericht zur Gründungsversammlung vom 1. und 2. Juli 1922 ist im Organ des DFV, der Zeitschrift Die Freundschaft publiziert worden. So blieb er erhalten und ist heute u.a. auch ein interessantes Dokument über Stimmung, Sprache und Umgangsformen jener Zeit.

Alles zu diesen Ereignissen und ihrer Berichterstattung in: