Newsletter 139

Juli 2021

Diese Ausgabe enthält folgende Themen:

  • In Memoriam Sommerferien 1
  • Warum das LGBTI-Label wichtig ist

In Memoriam Sommerferien 1

eos. Auch dieses Jahr wird es keine üblichen Sommerferien völlig "ohne Grenzen" geben. Dafür steigen "Weisst du noch?"-Erinnerungen auf - und besonders bunte gäbe es zum Thema Sommerplausch im Ausland. Aber ich will im Land bleiben und Ferienbegegnungen mit Freunden schildern, die einmal, vor vielen Jahren, Abonnenten des Kreis waren, jedoch in unserer schwulengeschichte.ch nicht vorkommen. Ihr Leben, finde ich, gehört zur Geschichte von Schwulen in der Schweiz und sollte nicht vergessen gehen.

Queere Organisationen von Anfang bis heute funktionierten immer auch als Orte des Begegnens - und dies nicht nur in ihren Zentren oder Clubs, sondern ebenso unter Mitgliedern im privaten Rahmen zu Hause oder auf gemeinsamen Unternehmungen. Karl Meier / Rolf entwickelte diesen Gedanken schon im ersten Jahr, als nach der Aufhebung der Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Erwachsenen (1942) freie Begegnungen möglich wurden.

Damit wollte der KREIS nicht nur ein Lesezirkel von Abonnenten sein, sondern auch eine Verbindung von "Gleichgesinnten". Mit etlichen von ihnen waren Röbi und ich aus diesem oder jenem Grund ebenfalls kameradschaftlich liiert. Ich wähle für die beiden Newsletter vom Juli und August je einen davon aus, weil wir regelmässig bei ihnen Teile unserer Sommerferien verbrachten und die Erinnerungen bis heute lebendig blieben. Beide Männer sind schon seit vielen Jahren tot. Deswegen verwende ich bewusst ihre echten Vornamen und nicht die im Klub angenommenen. Es geht mir darum, ihnen ein kleines Denkmal zu setzen. Sie haben das verdient. In der damaligen Zeit blieb man reserviert. Nähere Lebensumstände gehörten ins Private, unter Homosexuellen erst recht. Ihre Spuren lösen sich auf, wenn jene sterben, die sich erinnern.

Der erste hiess Walter

Von ihm kenne ich weder das Geburts- noch das Todesjahr. Dennoch, wir waren langjährige, gute Freunde. An jedem grossen Fest im KREIS war Walter dabei und kannte Röbi schon viele Jahre vor mir. Natürlich gehörte er zu Röbis Bewunderern, zu denen auch Emil zählte, mein "Vorgänger" an Röbis Seite. Walter und Emil hatten in etwa dasselbe Alter, waren also über zwanzig Jahre älter als wir und zudem miteinander befreundet. Sie teilten die Erfahrung langjähriger Aufenthalte in der weiten Welt, Emil vor dem Krieg als Schiffsjunge und Kellner, Walter in Südamerika als Kochlehrling, dann Chef de cuisine in erstklassigen Hotels. Einmal wollten sie sesshaft werden. Emil eröffnete 1948 ein bald gut gehendes Comestibles-Geschäft im Zürcher Niederdorf, Walter fand ein Haus im Tessin, wo er nach dem Krieg eine Pension für Feriengäste führen wollte.

Doch ohne Frau war das in jener Gegend kaum zu realisieren. Per Zufall traf er Maria, eine Künstlerin aus reichem Hause, sehr belesen und auch handwerklich begabt, die sich zudem für Gärtnerei interessierte und gern eine Ehe eingegangen wäre, ohne sie konsumieren zu müssen. Walter und Maria erkannten, wie genau richtig sie füreinander bestimmt waren und heirateten. Sie erwarben sich das Haus mit grossem Garten, wunderschön am Rand der kleinen Ebene beim Dorf Carona gelegen, hoch über dem Luganersee mit Blick direkt zum Damm von Melide hinunter. Auf der linken Seite sah man hinter Carona den felsigen San Salvatore in den Himmel ragen. Zuerst hiess es jedoch, alles perfekt einrichten. Es vergingen gut zwei Jahre, bis Maria den Garten zum Verweilen der Gäste und auch den Obst-, Beeren- und Gemüseteil so angelegt und zurechtgeschnitten hatte, dass ergiebiges Ernten möglich wurde. Ebenso lang brauchte Walter mit dem Innenausbau, vorab der Küche, den diversen Zimmern, dem Aufenthalts- und Speiseraum.

Wie Röbi mit Emil zusammen erstmals um 1950 die "Casa Maria" besuchte, war einiges, so berichtete er mir später, noch gar nicht vorhanden. Ein Sonnenbad etwa existierte nur in Walters Kopf, aber er schilderte es detailliert. Der Keller sah roh aus, weit davon entfernt, auch ein reizend-gemütliches Degustiergewölbe, ein Carnotzet zu sein, von dem viele Freunde später schwärmten. Und erst halbfertig stand Marias Brennofen neben der Heizung.

Wunschkonzerte ab Schallplatten und Theaterabende live

Kurz nachdem wir uns 1956 kennengelernt hatten, wurden Röbi und ich bereits Gäste in Carona und Hausfreunde von Walter und Maria. Von nun an verbrachten wir regelmässig etliche Sommertage dort. Denn die heisse Zeit wurde von der meisten Kundschaft gemieden. Die "Casa Maria" war eine vegetarische Pension mit hervorragender Küche. Es gab drei Einzel- und ein Doppelzimmer, lauschige Gartenplätzchen und den grossen Essraum mit Veranda. Dieser Raum diente zugleich als Bibliothek und Musikzimmer. Marias Bücher, neue Autoren und Klassiker, standen frei zur Verfügung, ebenso ihre Langspielplatten, mit denen sie abends Wunschkonzerte anbot. Sie war mit Hermann Hesse befreundet; seine Werke mit persönlichen Widmungen standen in einem besonderen Gestell. Daneben hingen Kopien von Hesses Zeichnungen und ein kleines Original-Aquarell. Mit Maria konnte man sich stundenlang über Literatur, Musik oder Kunsthandwerk unterhalten. Auch malte sie selbst, Aquarelle vor allem, und war zudem eine begabte Töpferin. Kein Zimmer ohne ihre Vasen, die sie immer wieder auswechselte, je nach den darin von ihr arrangierten Blumen. Der Garten war ihr Reich und alles, was dort in Fülle wuchs. Wenn Walter davon für die Küche wenig oder viel brauchte, er konnte sich immer bedienen. Das gesamte Haushalten blieb seine Sache. "Er kann es hundertmal besser und vor allem viel schneller", meinte Maria. Die paar Gäste, die wir im Sommer trafen, waren mehrheitlich alleinstehende Frauen aus Deutschland, den Benelux-Staaten oder Skandinavien. Männer gab es selten, ausser natürlich KREIS-Kameraden. Die waren im Sommer hoch willkommen.

Sassen mal nur wir vier alleine am Abendtisch, baten Walter und Maria stets: "Theaterprogramm! Röbi, machst du die 'Kleptomanin', die 'Femme entre deux âges', die 'Madame Reclamier' oder hast du eine neue Sprechnummer?" Diese Freude abschlagen ging keinesfalls. Zwei, drei Requisiten hatte Röbi immer im Koffer und lieh sich dann noch dies und jenes von Maria. Es gab kaum ein dankbareres Publikum als die Carona-Freunde.

Feuchtfröhliche Männerabende

An anderen Abenden flüsterte Walter, wir sollten heute nicht viel essen. Das hiess, es gibt noch ein Treffen im Keller. Waren die Gäste in ihre Zimmer verschwunden und ebenso Maria mit einem lächelnd geflüsterten "Männerabend" , stieg Walter, kaum war seine Küche wieder sauber, die Treppe hinunter und wir hintendrein. Eine Kellerecke hatte er als Gewölbe mit roten Backsteinen ausgebaut und eine feste Holztür eingesetzt. Die öffnete er. Ein wahrhaftes Carnotzet. Wir nahmen auf der Bank am Tisch Platz. Aus dem Weingestell an der Seitenwand holte er eine Flasche Merlot und setzte sich auf eine der Stabellen. Wir prosteten uns zu. Es begannen die feucht-fröhlichen Stunden, die er nach seiner täglichen Schwerarbeit sichtlich genoss. Auch knuspriges Tessinerbrot stellte er hin und eine Platte mit Coppa, Salami, Schinken. Um Walter war es nie langweilig. Er konnte jeden zum Erzählen bringen und wusste selbst endlos viele Geschichten. Abgeschirmt durch Tür und Gemäuer wurden wir lauter, schwatzten und lachten unbeschwert. "Keine Angst, die braven Vegetarier oben hören nichts." Beinahe endlos schien die Zeit. Nur leider, solche Abende waren eher selten. Gab es andere Freunde aus dem KREIS, waren auch sie dabei. Beim Aufbruch mahnte Walter mit erhobenem Finger: "Jetzt ab ins Zimmer, total still, Spässe strikt verboten!"

Vom Haus war man in fünf Minuten vorne im malerischen Carona mit seinen alten, bemalten, meist auch mit Blumen geschmückten Häusern, den engen Gassen und kleinen Plätzen, der imposanten Kirche und den klosterartigen Anbauten, durch deren Torbogen die Strasse nach Lugano führt, einbahnig. Einen anderen Durchgang gibt es nicht. Wir zogen jedoch meist stillere Wege vor und fanden, gemäss Marias Angaben, hinter dem modern angelegten, grosszügigen Freibad das Strässchen am Berghang entlang durch üppig gewachsenen Laubwald. Es führte schliesslich an einer verwilderten barocken Brunnenanlange vorbei tiefer ins dichte Grün bis zum plötzlich sich wie eine breite Strasse weitenden Stationenweg, an dessen Ende leicht aufwärts die mit elegantem Bogengang umrundete schön und schlicht proportionierte Wallfahrtskirche stand, Madonna d'Ongero. Auf dem erstaunlich grossen Vorplatz war es still, kaum je gab es Besucher. Früher konnte man wohl hinuntersehen ins Tal des Scairolo und hinüber nach Barbengo, doch der Wald hatte alles überwuchert. Ein magischer Ort. Wir hielten uns an den Händen, gingen langsam bis zur Brüstung, setzten uns, staunten. "Wenn wir gestorben sind, soll unsere Asche hier über das Mäuerchen ins dichte Buschwerk gestreut werden." Dass wir kaum gemeinsam sterben würden hing in weiten Fernen irgendwo. Wir waren so unendlich glücklich.

An anderen Tagen folgten wir dem schmalen Pfad durch einen Park von Rhododendren und Azaleen hinauf zur Raststätte von San Grato mit dem grandiosen Rundblick, der früh morgens oder im späten Abend besonders eindrücklich ist. Und einmal wollten wir den ganzen Tag unterwegs sein. Wir wanderten auf der selten befahrenen Strasse durch Kastanienwälder, dann den steilen Fussweg nach Vico Morcote hinunter und weiter zur Kirche von Morcote, zu ihrem Friedhof, genossen die wunderbare Aussicht und stiegen schliesslich über die vielen Treppenstufen bis zum See. Ein Kursschiff fuhr im frühen Abend nach Lugano zurück und oben am Bahnhof gab es den Bus nach Carona.

Einschlafen beim Sonnenbaden und die Nachwehen

Über die nächsten Tage wurde es richtig schwül-heiss. Walter schlug vor, wir könnten in seinem Geheimnis mal Faulpelz spielen und dazu was zum Lesen mitnehmen. Da waren wir gespannt. Er ging zur Garage an der Strasse. Drinnen öffnete er eine Türe und da standen wir unverhofft auf einer kleinen sonnigen Wiese, umfasst von Lorbeerbüschen, die zusammen mit anderen Gewächsen einen undurchdringlichen, gut mannshohen Zaun bildeten. Drei bunte Faltbetten standen bereit samt einem mit Kissen bedeckten Bambusstuhl. In der Ecke hing ein Gartenschlauch als Dusche. Walter wies auf die schmale Bank neben der Türe: "Die ist für eure Kleider, denn im Sonnenbad ist man nackt." Dann liess er uns allein. Das still verborgene Plätzchen war weder vom Garten noch vom Haus zu bemerken und blieb nur Freunden zugänglich, wie wir später erfuhren. Wir zogen uns aus, fanden es richtig gemütlich und irgendwann schliefen wir ein. Die Folgen spürten wir am nächsten Tag und später, dies vor allem wenn wir sassen. Unsere Hinterteile glühten rot und brannten. Selbst Marias lindernde Salbe half da nur beschränkt. Noch nie hatten wir ganz ohne im Freien gelegen. Das gefiel uns sehr, aber über das Malheur lachten nur die andern. Trotzdem verbrachten wir noch viele Tage im Sonnenbad, auch in anderen Jahren und nicht nur zu zweit. Gelegentlich kam Walter dazu, wenn er im Nachmittag "Zimmerstunde" hatte oder Gäste, die wir aus dem KREIS kannten. Unsere südlichen Halbkugeln aber durften die Sonne nie wieder geniessen.

Maria, Walter und der "Bub"

Drei Jahre nach dem ersten Carona-Besuch berichtete uns Walter, er habe einen lieben Burschen kennengelernt, der zu ihm ziehen möchte. Beim nächsten Sommerbesuch fanden wir die Garage bis zum Tor verbreitert. Maria begrüsste uns. "Ja, es gibt jetzt Platz für zwei, denn der 'Bub' arbeitet in Lugano und fährt seinen eigenen Wagen." Im Haus stieg Walter mit uns nach oben, wo er schon immer sein Zimmer hatte und zeigte stolz den ausgebauten Estrich, eine kleine Wohnung für den "Bub" und ihn.
Das vom "Bub" hätten die Leute im Dorf erfunden, denn dort habe man sie gefragt, ob das ihr Sohn sei, worauf Maria prompt antwortete: "Er war im Internat am Bodensee, jetzt hat er die Studien beendet und fand eine Bankstelle in Lugano." Und Walter ergänzte: "Wir waren doch nicht so blöd, die Dorf-Meinung zu korrigieren." Im Abend kam er an, ein jüngerer Mann als wir, etwas rundlich und eher scheu. Doch an Walters Seite taute er auf, nannte ihn "Butzi" und erzählte in witziger Weise Details vom Arbeitstag. Sein Dialekt verriet sofort, dass er aus der Ostschweiz stammte, und als wir nachfragten, wurde er ernst. "Meine Eltern sind konservativ, sie wollen 'es' nicht akzeptieren. Ich bin ausgezogen, möglichst weit weg. Und in Lugano, etwas später, traf ich Glückskind den 'Butzi', einfach so auf der Strasse. Hier lebe ich nun mit anderen Eltern zusammen." "Ja, wir sind alle glücklich", ergänzte Maria. Und Walter schmunzelte.

Die Jahre gingen dahin, unsere Aufenthalte in Carona wurden seltener. In den 1980er-Jahren erlitt Maria einen Schlaganfall und lag hospitalisiert im Koma, bis sie starb. Allein wollte Walter die Pension nicht mehr führen. Er war über siebzig und empfing mit seinem "Bub" zusammen nur noch befreundete Gäste, auch uns gelegentlich. Dann verliessen auch ihn die Kräfte. Der "Bub", der eigentlich Roland hiess, telefonierte, wir sollen kommen, um Abschied zu nehmen. Doch vor dem vereinbarten Datum musste er seinen "Butzi" ins Spital fahren, wo Walter wenig später in Rolands Armen starb. Es war Winter, wir verschoben den Besuch in den Frühling und fanden Roland im unveränderten Haus mit recht verwildertem Garten rundum. Er war nicht allein. Mario stand neben ihm, ein gleichaltriger, fröhlicher Mann, Italiener, der kein Deutsch sprach. Dennoch, wir verstanden uns sofort und sassen später alle vier zusammen im Carnotzet. Mario lebe schon lange im Tessin, berichtete Roland. Er habe auch Maria und Walter gekannt, denn sie seien bereits etliche Jahre ein Paar. Nun wolle er das an ihn gegangene Haus verkaufen und sich mit Mario zusammen in Lugano niederlassen. So kam es auch, doch ohne Walter und Maria fanden wir keine richtige Nähe zueinander. Die Beziehung schlief ein.

Walter war fast von Anfang an Abonnent des Kreis und damit einer unter vielen anderen Kameraden, denen sich ab 1942 die Möglichkeit von freien privaten Kontakten geöffnet hatte. Walter lebte damals in Südamerika, aber er hatte schwule Freunde in der Schweiz. Durch sie fand er persönlichen Kontakt zu Karl Meier / Rolf und wusste um das Entstehen der neuen Verbindung "Lesezirkel der Kreis". Rolf skizzierte seine Vision einer von den Zwängen der gesellschaftlichen Vorstellungen unbehelligten Gemeinschaft von "Gleichgesinnten", die nur dann ein sicherer Ort des Begegnens sein konnte, wenn sie ganz im Verborgenen unter sich blieb und keineswegs "auffiel".

Mehr zu den Anfängen des "Lesezirkels der Kreis"

Warum das LGBTI-Label wichtig ist

dbr. Am Mittwoch, 16. Juni 2021 wurde in der Wasserkirche in Zürich an 18 unterschiedliche Organisationen und Firmen das Swiss LGBTI-Label vergeben. Das Label wurde im Juni 2018 ins Leben gerufen und ist in der kurzen Zeit zu einer Erfolgsgeschichte geworden. Das Swiss LGBTI-Label ist nicht aus dem Nichts entstanden.

Nach der Einführung durch Moderator Mark Alder erklärte Monika Rühl, Direktorin der economiesuisse, warum der Wirtschaftsverband das Engagement für mehr Vielfalt und Akzeptanz am Arbeitsplatz begrüsst. Sie lobte die veranstaltenden Organisationen Wybernet und Network, wie auch die Firmen, die das Label erlangt hatten, für ihr Engagement für ein vielfältiges, offenes und wertschätzendes Miteinander am Arbeitsplatz. Die Schweiz profitiere dadurch als Wirtschaftsstandort im Wettbewerb um die besten Talente.

Dass ganze 18 Firmen und Organisationen mit dem Label versehen werden konnten, war Grund zur Freude. Damit die Veranstaltung aber nicht unendlich lang wurde, präsentierte der Moderator die Firmen paarweise. So entstanden reizvolle Kombinationen. Zum Beispiel standen die beiden Konkurrenten Roche und Novartis gemeinsam auf der Bühne. Da war die Frage erlaubt, wo denn der Imagegewinn und das Alleinstellungsmerkmal, das man sich durch den Erwerb des Labels versprach, bleiben soll. Für die beiden Vertreter der Firmen war das offenbar kein Problem.

Eine weitere Paarung von Label-Verleihungen war jene an die Offene Kirche Elisabethen in Basel und die Hochzeitsplaner für Männerpaare "Passion Up". Stimmig oder doch eine Spur zu früh in der Geschichte? Wirklich heiraten ist noch nicht möglich. Dass es zivil klappt, nach einem Ja am 26. September, davon gehen wir aus. Inwieweit die Kirchen nachziehen werden, muss sich weisen.

Die Firmen und Organisationen wurden durch Personen mit unterschiedlichen Funktionen vertreten. Der Moderator nahm dies zum Anlass, diese Vertretungen zu hinterfragen: Soll der CEO das Label entgegennehmen und damit demonstrieren, dass die oberste Führungsetage hinter dem Label steht? Oder soll die Leitung von Human Ressources aufs Podium, die wohl die Arbeit zur Erlangung des Labels gemacht hat? Oder ist es die Marketing-Leitung, die damit gleich ausdrückt, warum das Label erworben wurde? Jede dieser Optionen hat etwas für sich, entsprechend waren auch alle Ebenen vertreten.

Im Publikum - oder coronabedingt vor den Bildschirmen im Aussenraum - fanden sich häufig die queeren Angestellten, die in den Firmen den Anstoss für diesen Prozess gegeben hatten. Die Bedeutung des Lobbyings durch betroffene Menschen beim Arbeitgeber ist nicht zu unterschätzen.

Es kamen Beispiele zur Sprache, warum das Label erworben wurde oder was das Label schon bewirken konnte. Einig war man sich, dass Diversity, das Anerkennen der Verschiedenheit von Menschen, deren Produktivität fördert. Menschen, die in ihrer Eigenart akzeptiert sind, können ihre volle Energie produktiv einsetzen, statt einen Teil davon zu verwenden, diese Eigenart zu kaschieren. Zudem fällt ein Coming Out leichter, wenn man weiss, dass der Arbeitgeber alle Menschen in ihrer Eigenart gleich schätzt. Auf Kunden wirkt es sympathisch, wenn sie sehen, dass die Organisation auch sie in ihrer Vielfalt annimmt.

Umrahmt wurde die Veranstaltung in der Wasserkirche von musikalischen Leckerbissen, dargeboten durch Erich Bieri (Bariton) und Oliver Fritz (Klavier). Im Anschluss begaben sich die Anwesenden in die Aussenhalle des Helmhauses, wo ein Apéro in der Aussenhalle des Helmhauses Gelegenheit zum Netzwerken bot.

Das Swiss LGBTI-Label wurde im Juni 2018 ins Leben gerufen und wurde in der kurzen Zeit zu einer Erfolgsgeschichte. Das Swiss LGBTI-Label ist nicht aus dem Nichts entstanden. Schon länger versuchen Menschen die Arbeitswelt so zu beeinflussen, dass sie bei den Arbeitsbedingungen auch die Realität queerer Menschen berücksichtigen. Vorläufer und auch Helfer des Labels sind queere Firmennetzwerke, die seit den 90er Jahren entstanden sind.

Einen Überblick über Firmennetzwerke, die in den 1990er- und den 2000er-Jahren entstanden, sowie etwas ausführlicher das Beispiel der Bahn-Organisation "Pink Rail" findet sich auf schwulengeschichte.ch

Mehr Infos zum Swiss LGBTI-Label