Scheinwerfer und Guggu

Zwei Hetzblättchen

Scheinwerfer nannte sich ein kleinformatiges Heft, das von 1911-1914 und 1919-1946 zweiwöchentlich in Zürich erschien. Als Redaktor zeichneten Paul Wirz oder Alfred Schlumpf, letzterer von 1934 bis 1936.

Das Motto hiess:

"Was morsch und faul ist drum und dran, da setzen wir den Hobel an, wohltätig ist der Wahrheit Licht, ob's manchen beisst - wir fragen nicht."

Guggu war ein verwandtes Produkt in gleicher Grösse und erschien von 1936-1939 als Wochenblatt. Redaktor und Herausgeber war der ehemalige Kantonspolizist und wegen diversen Gesetzesübertretungen wie auch vom Scheinwerfer her sattsam bekannte Alfred Schlumpf (1880-1944)1.

Die beiden Hetz- und Skandalblättchen hatten es unter anderem auf Freimaurer, Juden, Kleriker, "Sozialisten" und "Sittenverbrecher" (Prostituierte, Homosexuelle) abgesehen. Das Perfide war, dass sie ihre willkürlich gewählten Gegner meist mit vollem Namen und Adresse in die Öffentlichkeit zerrten, was in den Krisenjahren dem Ruin gleichkommen konnte. Durch die Hetzkampagnen ging dem Schweizerischen Freundschafts-Verband das Clublokal mehrfach verloren.

Zusammen mit den Erfahrungen der Homosexuellen in Deutschland nach der Machtübernahme der Nazis ab Februar 1933 bewogen diese Umstände die meisten Verantwortlichen und Mitglieder des Schweizerischen Freundschafts-Verbandes sich mit (mindestens) einem Pseudonym oder mit häufig geänderten Vornamen zu schützen. Dasselbe galt für Redaktoren und Autoren sowohl des Freundschafts-Banners (1932) wie des Schweizerischen Freundschafts-Banners (ab 1933) und seiner Nachfolgepublikationen Menschenrecht und Der Kreis. Vom September 1934 an wurden Pseudonyme konsequent verwendet. So etablierte sich eine feste Norm, die erst in den frühen 70er Jahren durch einige Mutige aufgebrochen wurde.

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Ernst Ostertag, Juni 2004

Quellenverweise
1

Dossier Schlumpf, Akten der Zürcher Polizeidirektion, Z 6. 2396, im Staatsarchiv Zürich.