1918

StGB-Entwurf

StGB-Entwurf und Eröffnung der landesweiten Diskussion

1918 lag der Entwurf des Bundesrates vor. In den Erläuterungen schrieb er:

"Die Ärzte, insbesondere die Irrenärzte (Psychiatrie) erklären, dass eine Neigung zum gleichen Geschlecht wirklich vorkomme und mehr ein Fehler der Natur als des Charakters sei; der Gesetzgeber wird daher gut tun, Verborgenem nicht weiter nachforschen zu lassen, sofern nicht ein Dritter darunter zu leiden hat."

Damit war die landesweite Diskussion eröffnet, und sehr rasch zeigte sich, dass die Todesstrafe, die Abtreibung und unter den Sittengesetzen die Homosexualität Brennpunkte bilden würden. Auf diese "emotionalen" Paragraphen begannen sich nun die konservativen Gegner einzuschiessen. Sie gehörten mehrheitlich zu jenen, die sich zuvor gegen jede einheitliche Regelung gestemmt hatten, weil eine weitere Beschränkung kantonaler Rechte ihrer föderalistischen Grundhaltung widersprach. Jetzt warnten sie vor einer angeblichen Bedrohung der christlichen Werte unserer Nation.

Der Wille zu einem auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Humanität gründenden Gesetz und die Bekämpfung von nicht-juristischen, moralisch-sittlichen Gesichtspunkten gab unter anderem den Anstoss zur Gründung einer (wohl kaum ersten) Gruppierung von Homosexuellen 1922 in Luzern und 1925 in Zürich. Sie nannte sich "Freundschaftsbund", genau wie ihre Schwestergruppen in Deutschland.

Ernst Ostertag, Mai 2004

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"Freundschaftsbund"