Programm
"Sittliche Hebung und Bildung", aber keine Öffentlichkeitsarbeit
Auch ein klar definiertes Programm zum Inhalt des FB (Schweizerisches Freundschafts-Banner) gehörte dazu:
"Wer von unseren Abonnenten noch Nr. 20 vom Jahre 1933 - die erste gedruckte Nummer - nachliest, kennt unser Programm, nach dem wir allein handeln. Nicht seichte, schwüle Romane zu bringen, die Phantasie und Herz vergiften, nicht die Verherrlichung von Auswüchsen und Perversitäten, die mit der reinen Homosexualität nichts gemein haben, ist die Aufgabe unserer Zeitung, sondern die sittliche Hebung und Bildung unserer Homoeroten. [...] Was wir vom 'Neuen Jahr' erhoffen, ist erspriessliche Arbeit und treues Zusammenhalten in Freud und Leid, die beide wieder nicht fehlen werden."
Das Leid meldete sich bald genug. Anfeindungen veranlassten die Aufgabe des öffentlichen Wirkens für Aufklärung, welches von Anfang an zum Programm gehört hatte. Ab April 1935 wurde der öffentliche Verkauf des FB eingestellt. Es war nur noch im Abonnement erhältlich, ausser in den fast ausschliesslich von Homosexuellen besuchten Cafés "Albis" und "Rialto", die ohne Adressangabe genannt wurden. Ein weiterer Schritt ins Ghetto war getan, erzwungen durch das generell homophobe Umfeld und die Unsicherheit der Zeit. Erst in den 70er Jahren konnten einschlägige Publikationen sukzessive wieder an öffentlichen Verkaufsstellen angeboten werden.
Ernst Ostertag, Juni 2004