Stolperstein als Grabstein

Für ermordete KZ-Häftlinge gibt es keine Gräber. Der Stolperstein für Josef Traxl ist daher - wie alle anderen Stolpersteine, egal wo sie sind - nicht nur ein Denkmal, sondern auch der Zeuge seines Daseins und seines Todes, also auch ein Grabstein, dort in den Boden eingelassen, wo er seine Jugend verbracht hatte und wo er aufwuchs. Mit diesem Stein ist er in seine Heimat zurückgekehrt, 83 Jahre nachdem man ihn aus ihr vertrieben hatte.

Das Beisein und die Ansprache eines Mitglieds des Stadtzürcher Parlaments, Gemeinderat Patrick Hadi Huber, war eine Form der offiziellen Entschuldigung und Rehabilitation. Er würdigte den Menschen Josef Traxl auch in persönlicher Weise und machte ihn zum Mitbruder, denn Patrick Hadi Huber ist Präsident der Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich (HAZ). Hier einige Passagen aus seinem Skript, das er an Ort in Mundart sprach und erweiterte:

"Erinnerung, Erinnerungskultur ist wichtig. (…) So erleben Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität seit Jahrhunderten Diskriminierung. Heute gilt Zürich zwar als ein gesellschaftsliberaler Ort. Dieser Kampf war aber lang und steinig. So wurde beispielsweise das von der Stadtpolizei geführte Schwulenregister erst auf Druck der Community nach breiter medialer Diskussion und letztlich auf Basis einer Interpellation im Gemeinderat 1978 gestoppt und 1979 vernichtet. Gemäss Schwulengeschichte.ch war mit dem Register in den 1920er-Jahren begonnen worden.

Josef Traxl, dem wir heute hier gedenken, war vermutlich ebenfalls dort gelistet. Sein Schicksal war geprägt von seinem Anderssein. (…) Traxls Leben verwischte sich nach einer letzten Ausweisung und endete am 24. August 1941 im KZ Buchenwald.

Sein Stolperstein weist auf dieses Schicksal hin, zeigt aber auch, dass man nicht vergessen, sondern immer wieder darauf hindeuten muss, dass alles, was heute an gesellschaftlicher Freiheit besteht, lang erkämpft wurde und von vielen Menschen - und Josef Traxl ist einer von ihnen - auch mit dem Leben bezahlt wurde."

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Ernst Ostertag, Dezember 2020

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