Ausschaffung und Tod im KZ

Die Reaktion des EJPD bestand im Versuch einer endgültigen Abschiebung in eine "geeignete" Anstalt in Österreich. Am 19. Juni schrieb das EJPD an die Schweizer Gesandtschaft in Wien, man werde noch drei Wochen warten, "trifft bis dahin die Übernahmeerklärung der österreichischen Behörden nicht ein, so werden wir alsdann Traxl einfach an die Grenze verbringen lassen." Aus Österreich traf jedoch eine Absage ein mit der Begründung, nach geltenden Vorschriften gebe es "keine rechtliche Handhabe (…), da die widernatürliche Veranlagung des Genannten an sich keinen Internierungsgrund bildet."

Nun griff das EJPD auf den Plan des "einfach an die Grenze Verbringens" zurück und beauftragte das Polizeikommando Zürich mit der Durchführung. Das letzte schweizerische Dokument ist zugleich das letzte Lebenszeichen des nun 37jährigen. Es ist die Austrittsanzeige der Strafanstalt Regensdorf vom 17. Juli 1937: "Traxl, Josef, oesterreichischer Staatsangehöriger, geb. 1900, Beruf Kaufmann, verurteilt vom Eidg. Pol. Dep. / Bern am 3. März 1937 wegen Bannbruch zu Internierung, hat vom 20. März 1937 hierorts bis 17. Juli 1937 die Internierung erstanden." Unter Datum, Stempel und Unterschrift findet sich noch der handschriftliche Vermerk "Traxl ist heute dem Pol. Kdo. Zh zur Ausschaffung zugeführt worden."1

Also stand er nun an der Grenze. Hinter sich die gefühlte Heimat, wo er aufgewachsen war und deren Mundart er sprach, vor sich die Heimat nach seinen Schriften, die ihm fremd war und wo er niemanden kannte. Zurück konnte er nicht mehr, denn das würde wieder Strafanstalt bedeuten. Somit zog er hinein ins Unbekannte. Die politische Lage dort war unstabil. Sieben Monate später, am 12. März 1938 fand der "Anschluss", also die Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland statt. Das bedeutete auch die Übernahme der Nazi-Gesetzgebung. Für den homosexuellen Josef Traxl galt nun der von Hitler 1935 verschärfte §175. Es gibt keine Spuren mehr zu seinem Leben. Irgendwann musste er verhaftet worden sein, dann setzte sich die Vernichtungsmaschinerie in Gang. Er kam ins KZ Buchenwald. Dort fand sich seine Häftlingsnummer und das Todesdatum, der 24. August 1941. Also ziemlich genau vier Jahre, nachdem er an die Schweizergrenze gestellt worden war.

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Ernst Ostertag, Dezember 2020

Quellenverweise
1

Dossier Josef Traxl im Schweizerischen Bundesarchiv Bern unter E4264 E4264#1985/196#53*