1923-1990

Johannes Werres

Der deutsche Journalist Johannes Werres gehörte zu den wenigen, die über ihre Tätigkeit für den Kreis öffentlich sprachen. Seine Reaktion auf das erste Heft, welches er als 24-jähriger von einem Bekannten erhalten hatte, schilderte er später unter dem Titel "Als Aktivist der ersten Stunde"1:

"[...] Ich kannte diese Zeitschrift noch nicht. [...] Mir gingen die Augen über. Das bisher gestaltlose, teils sogar unangenehm lästige Phänomen Homosexualität bekam edle, schöne, attraktive Züge, ja, es war direkt erregend. [...] Für mich war dieser Moment eine Sternstunde in meinem Leben, die alles veränderte. Von da an wurde ich Mitarbeiter bei homosexuellen Zeitschriften. [...]"

Bereits zehn Jahre früher hatte er einen Rückblick "Meine Mitarbeit im Kreis" veröffentlicht2:

"[...] Ich bekam das erste Kreis-Heft 1947 zu Gesicht. [...] In der Folge schrieb ich bis 1967 [...] zahlreiche Beiträge unter verschiedenen Pseudonymen [...], Aufsätze, Kurzgeschichten und Gedichte. [...] Für den Kreis zu schreiben war mir damals ein Bedürfnis und eine Freude.

Viele Nachrichten über Homosexuelle konnte man ja seinerzeit kaum in der Presse lesen, deshalb war dies weniger journalistische als literarische oder feuilletonistische Tätigkeit. [...] Hin und wieder hörte man einmal Kritik oder auch Lob, aber im Allgemeinen blieb die Reaktion [...] aus. Nur von Rolf [Karl Meier] und Rudolf [Rudolf Jung / Rudolf Burkhardt] kam Ermutigung. [...]"

Ein neues, positives Wort taucht auf: Johannes Werres berichtete erstmals im September 1951 über seinen viermonatigen Aufenthalt als Austausch-Student in Amerika 1950. Unter der Überschrift "USA-Bilderbogen"3 schilderte er - für den Kreis erstaunlich offen und direkt - das homosexuelle Leben, aktuelle Treffpunkte und seine Erfahrungen und Erlebnisse, in denen auch Hinweise auf den Kinsey-Report und dessen Wirkung mitklangen. Im Februar 1952 stellte er unter dem Titel "Nomen est omen" Betrachtungen an über Bezeichnungen wie "homosexuell" und erwähnte dabei das Wort "gay" erstmals4:

"Im Amerikanischen gibt es ein halb-internes Wort, die Bezeichnung 'gay'. Es bedeutet im üblichen Sprachgebrauch: fröhlich, unbekümmert, manchmal auch ausgelassen. [...] Wenn man es mit amerikanischen Homoeroten zu tun bekommt, hat man ja auch den Eindruck einer Eigenschaft, erfrischend, frohmachend, ja befreiend [zu wirken]."

Die literarischen Beiträge von Johannes Werres begannen in der März-Ausgabe 1958 (S.17) mit dem Gedicht "Desillusionierung" und einer Besprechung seines neuen Gedichtbandes "Ich stammele das lob unserer liebe" (S.15). Er zeichnete mit Jack Argo und hatte diesen Band dem KREIS zu seinem 25-Jahr-Jubiläum gewidmet (1957). Die Besprechung schrieb Erich Lifka.

In lockeren Abständen folgten weitere Gedichte und mehrere Kurzgeschichten. Er blieb dem Kreis bis zu dessen Ende verbunden und verwendete viele Pseudonyme. Einmal, am Herbstfest 1955, trat er in einem Theaterstück auf.

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Ernst Ostertag, April 2005, ergänzt: Dezember 2010

Weiterführende Links intern

Festanlässe des KREIS

Quellenverweise
1

Gedruckt in seinem Todesjahr in Capri, Zeitschrift für schwule Geschichte, Nr. 7, S.33-51

2

Joachim S. Hohmann: Der Kreis, Erzählungen und Fotos, Sammelband, Foerster Verlag, 1980, Seiten 253 bis 255

3

Johannes Werres unter dem Pseudonym Jack Argo: Der Kreis, Nr. 9/1951, Seite 1

4

Johannes Werres unter dem Pseudonym Jack Argo: Der Kreis, Nr. 2/1952, Seite 5