Deutsche Kurzgeschichten

Ende 1955 wurde zum ersten Mal ein "Weihnachtspreisausschreiben"1 angekündigt und im März 1956 konnte die Gewinnerliste2 publiziert werden. 31 Arbeiten waren eingegangen; acht Autoren zählten zu den Preisträgern, drei davon aus der Schweiz, die übrigen aus Deutschland. Dazu wurden sechs weitere Manuskripte als so gut bezeichnet, dass auch ihnen ein Platz in der Zeitschrift sicher sei. Aus dem Kommentar der Redaktion:

"Zusammenfassend können wir sagen: das Ergebnis ist durchaus erfreulich ausgefallen, da und dort fand ein Autor neben dem neu gesehenen Inhalt auch einen unkonventionellen Sprachstil. Die limonadensüsse Blaublümelein-Romantik der Zwanzigerjahre ist verschwunden; der Homoerot, der sich sprachlich ausdrücken kann, sieht seine Erlebnisse realer. Was aber leider in allen Niederschriften fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der meist feindlichen Umwelt. Aber dazu bedarf es wohl eines wirklichen Dichters und wohl auch der grösseren Form der Novelle."

Im April 1960 kündigte die Redaktion ein Osterpreisausschreiben3 an, dem erst im November die Rangliste4 folgte. 30 Manuskripte waren eingegangen, zwölf erhielten Preise.

"Die Jury hat mit Genugtuung festgestellt, dass das Niveau im Durchschnitt sehr erfreulich war. [...] Man fand etliche ernsthafte Auseinandersetzungen über unsere Frage in einwandfreier Formulierung. Erfreulich ist auch, dass diesmal eine heitere Sommergeschichte, "Tell you later", den ersten Preis erringen konnte. Auch ein schöner Teil der nicht prämierten Arbeiten sind durchaus druckreif. Ein Manuskript war [...] so stark erotisch betont, dass es pressegesetzlich leider nicht tragbar blieb, obwohl es ausgezeichnet geschrieben war. Den freundlichen Spendern, die den Wettbewerb möglich gemacht haben, danken wir aufs herzlichste. [...]"

Bereits das erste Ausschreiben von 1955 war durch einen Sponsor ermöglicht worden. Die Geschichte "Tell you later" von Chrysippos (wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg, ist bis heute ein Rätsel geblieben) erschien im Juli5. Darauf wurde diese Story ins Englische übersetzt und im Oktober 1963 publiziert6. Chrysippos schrieb noch vier weitere Kurzgeschichten für den Kreis.

Die Anzeige des 3. Preisausschreibens erfolgte im Kleinen Blatt vom Januar 1965; die Rangliste erschien im November7. Diesmal konnten aus 36 Manuskripten zehn Kurzgeschichten, drei aus der Schweiz, prämiert werden und "von den nicht ausgezeichneten Manuskripten behält sich die Redaktion vor, die eine oder andere Arbeit doch noch zu drucken." Auf zwei hervorragende Beiträge eines Autors aus Übersee müsse leider verzichtet werden, weil sie viel "zu deutlich" seien.

"Aber er wäre ein Autor für den Kreis, zu dem man sich nur beglückwünschen könnte! Schade, dass ihm die schweizerischen Pressegesetze nicht bekannt waren. Wir werden dennoch versuchen, ihn zur Mitarbeit zu gewinnen."

Der erste Preis ging an Larion Gyburc-Hall, ein Pseudonym für Dr. Werner Schmitz, Aachen, der ebenfalls zu den beliebten Autoren zählte. Von ihm erschienen im Kreis sieben weitere Kurzgeschichten, vier Artikel, ein Gedicht und etliche Buchbesprechungen und Kommentare.

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Ernst Ostertag, April 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 12/1955, Seite 23

2

Der Kreis, Nr. 3/1956. Seite 2

3

Der Kreis, Nr. 4/1960, Seite 22

4

Der Kreis, Nr. 11/1960, Seite 14

5

Der Kreis, Nr. 7/1961, Seite 2 ff

6

Der Kreis, Nr. 10/1963, Seite 29 ff, übersetzt von Rudolf Jung / Rudolf Burkhardt, gezeichnet mit "Ph.Y."

7

Der Kreis, Nr. 11/1965, Seite 14