1866-1928
Heinrich Federer
Wenn es ihm möglich war und sinnvoll schien, zitierte Karl Meier / Rolf den einen oder anderen Satz dieses Schweizer Schriftstellers, um auf ihn als Schicksalsgenossen und ungerecht entlassenen katholischen Seelsorger hinzuweisen. So beispielsweise im letzten Menschenrecht1.
Das Kreis-Septemberheft 1966 widmete seine ersten Seiten dem 100. Geburtstag Federers. Karl Meier / Rolf hatte den Gedenkartikel geschrieben2:
"[...] Presseberichte vom 6. August 1902 meldeten:
'Redaktor Federer ist vergangenen Samstag auf einer Ferienreise in Stans in Untersuchungshaft zurückbehalten worden. [...] Die Anklage lautete auf unsittliche Vergehen gegenüber Kindern.' [...]
Es geht uns hier um eine Richtigstellung. [...] Wir lassen den Schweizer Schriftsteller Arnold Hans Schwengeler in seiner Dissertation über den Dichter sprechen:
'Federer war homosexuell. Ob er aber die Schuld der Tat auf sich lud, ist fraglich. [...] Nur eine Reihe mehr zufälliger [...] Umstände bestimmte das Gericht zu einer Verurteilung. Man wird nie sicher wissen, wo die Wahrheit liegt.' [...]
Die unmittelbare Folge war ein ängstliches Abrücken der katholischen Blätter von ihrem bisher 'hochverehrten' Mitarbeiter. Jede Gemeinschaft mit dem plötzlich Verfemten wurde aufgegeben. [...] Federer ging vollständig gebrochen aus diesen dunklen Tagen hervor. [...] Erst die wachsende äussere Not, der Geldmangel trieb Federer zur reinen Belletristik. Er berichtet:
'[...] Ich fing an, Geschichtlein aufzuschreiben. Sie machten mir wenig Mühe. Ich schrieb [...] vom gestohlenen König von Belgien, von Sisto e Sesto und dem letzten Stündlein des Papstes und viel, viel anderes. Aber als es geschrieben dalag, wagte ich doch nur das wenigste und nicht einmal unter meinem Namen [...] zu veröffentlichen. [...]'
Heinrich Federer hatte sich später wieder gefunden und wurde zu einem der beliebtesten Schriftsteller unseres Landes."
Feiner Humor und liebevolle Menschlichkeit zeichnen seine Werke aus. Wenn auch eine dunkle Grundstimmung immer durchschimmerte, gelang ihm mit oft beglückend schalkhaftem Charme das Herausheben, ja Erhöhen des scheinbar kleinen Lebens seiner Charaktere.
"Wir dürfen am 7. Oktober [100. Geburtstag] ihn durchaus als einen unserer grossen Schweizer und - Schicksalsgefährten feiernd ehren."
Zu Federers Hauptwerken zählen "Franz von Assisi", 1908, "Berge und Menschen", 1911, "Pilatus", 1912, "Sisto e Sesto", 1913, "Das Mätteliseppi", 1916, "Umbrische Geschichten", 1921, "Papst und Kaiser im Dorf", 1924. Leider sind sie heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, denn wer sie liest, wird - auch heute noch - reich beschenkt.
Ernst Ostertag, April 2005
Weiterführende Links intern
Heinrich Federer (1866-1928): Vergessener Bestseller-Autor, Newsletter 82, November 2016
Quellenverweise
- 1
Menschenrecht, Nr. 12/1942
- 2
Der Kreis, Nr. 9/1966